Trennungskultur: von Feedbackgespräch bis Outplacement

Haben Sie schon einmal am eigenen Leib eine Entlassung erfahren? Möglicherweise haben Sie Folgendes erlebt: Ihre Führungskraft wirkte bei der Übermittlung der Trennungsbotschaft im Kündigungsgespräch schlecht vorbereitet, war sichtlich überfordert oder ließ jedes Fingerspitzengefühl vermissen. Oder mussten Sie selbst schon eine Kündigung aussprechen und haben sich im Trennungsprozess unwohl und hilflos gefühlt, weil es in Ihrem Unternehmen kein professionelles Trennungsmanagement gibt? 

Klar ist: Sie sind damit kein Einzelfall. Die Trennungskultur ist in vielen Unternehmen noch immer entwicklungsfähig – mit Folgen: Viele Betroffene fallen in einer Trennungssituation ins Bodenlose, ein Kündigungsschutzprozess droht, Unruhe in der Belegschaft kommt auf, schlechte Bewertungen auf Kununu und Co häufen sich und schaden der Arbeitgeber-Reputation.

 

7 Tipps wie Sie Ihre Trennungskultur verbessern

Das Wort Trennungskultur hat deshalb zu Recht seit vielen Jahren Einzug in das Personalmanagement gehalten. Viele Unternehmen wissen, dass – neben der Rekrutierung von Talenten und deren Weiterentwicklung –  ebenso die Art und Weise, wie eine Trennung von Mitarbeitenden erfolgt, einen relevanten Stellenwert im HR Management einnimmt.

Auch Sie können Ihre Trennungskultur schon mit wenigen Maßnahmen optimieren. Wir haben für Sie 7 Tipps zusammengestellt, wie Sie Entlassungen fair und mit der nötigen Empathie angehen.

Tipp 1

Führen Sie regelmäßige Feedbackgespräche – unabhängig von einer möglichen Trennung

In der Outplacement-Beratung erleben wir sehr häufig, dass eine Kündigung für den Mitarbeitenden ohne Vorwarnung erfolgt. Insbesondere im Bereich der performancebedingten Trennung ist es unverzichtbar, dass Arbeitnehmende früh genug Feedback über ihre Leistungen erhalten. Sind die Botschaften nicht klar formuliert oder zu weichgespült, trifft sie die Trennung aus heiterem Himmel.

So selbstverständlich es klingen mag: Führen Sie regelmäßig Mitarbeiter- bzw. Feedbackgespräche, die Leistungsschwächen eindeutig benennen! Befähigen Sie als Personaler die Führungskräfte in Ihrem Unternehmen, diese Gespräche professionell zu führen und nicht um den heißen Brei herumzureden. Auch die Dokumentation dieser Gespräche ist dabei ein wichtiger Hebel.

Befähigen Sie Ihre Führungskräfte mithilfe von Coachings

Tipp 2

Stimmen Sie das Trennungspaket individuell auf den Mitarbeitenden ab

Ist der Entschluss für eine Kündigung oder Aufhebung gefallen, geht es zunächst um die Zusammenstellung des Trennungspaketes: von Kündigungsschreiben oder Aufhebungsvertrag, über finanzielle Vereinbarungen, die Höhe der Abfindung, bis hin zur Regelung von Dienstwagen, Zeugnis und Urlaubsansprüchen. Wägen Sie im Vorfeld sehr genau ab, mit welchem Angebot Sie in ein Gespräch gehen und welche arbeitsrechtlichen Aspekte dabei zum Tragen kommen. Besonders wenn es sich um einen umfangreichen Personalabbau im Rahmen einer Workforce Transformation handelt, ist die Planung des Trennungsangebots in der Konzeption unerlässlich, um arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.

Berücksichtigen Sie bei der Gestaltung des Trennungspakets auch das persönliche Umfeld des Mitarbeitenden und arbeitsmarkthemmende Faktoren wie Alter, Länge der Betriebszugehörigkeit oder problematische Lebensläufe. Gegebenenfalls bietet sich eine längere Kündigungsfrist unter Aufrechnung der Abfindung an. So räumen Sie dem Mitarbeitenden die Möglichkeit einer längeren Jobsuche ein. Und ja, auch heute noch lässt sich leichter ein neuer Job finden, wenn man sich aus einem scheinbar festen Arbeitsverhältnis heraus bewirbt.

Auch die Freistellung des Arbeitnehmers sollten Sie sorgfältig abwägen. Einerseits ist die sofortige Freistellung vom Arbeitsplatz eine zusätzliche Belastung für viele Betroffene. Gilt es doch in diesen Fällen sehr häufig, unmittelbar nach dem Trennungsgespräch den Arbeitsplatz zu räumen. Eine adäquate Verabschiedung von Kolleginnen und Kollegen ist dann nicht gegeben. Andererseits ermöglicht es eine Freistellung, sich gedanklich vom Arbeitgeber „zu entgiften“ und den Blick nach vorne zu richten. Zusätzlich erfordern Bewerbungsaktivitäten viel Zeit. Mit einer Freistellung erhalten die Mitarbeitenden die notwendige Kapazität für ihre berufliche Neuausrichtung.

Unser Tipp

Wir verraten Ihnen, wie Sie als Arbeitgeber eine angemessene Abfindungshöhe berechnen.

Zum Leitfaden: So berechnen Sie als Arbeitgeber die Abfindungshöhe

Tipp 3

Zeigen Sie Mitarbeitenden ihre Perspektiven außerhalb des Unternehmens auf

Sie wollen oder können nicht kündigen? Die einvernehmliche Trennung ist in vielen Fällen die präferierte Lösung: keine großen Streitereien, es wird wenig Porzellan zerbrochen und manchmal findet man für beide Seiten tatsächlich eine gute Lösung. Aber was, wenn der betroffene Mitarbeitende kein Gefühl dafür hat, wie es für ihn außerhalb des Unternehmens aussieht?

In dem Moment, in dem ein Angestellter mit einer längeren Betriebszugehörigkeit ein Aufhebungsangebot erhält, weiß er oftmals nicht, wie er sich entscheiden soll. Wie auch? In der Regel hat er sich seit Jahren nicht beworben und den Bezug zum Arbeitsmarkt verloren. Will man mich überhaupt noch? Wo kann ich in meinem Alter denn noch hin? Mit dieser großen Unsicherheit lässt sich nur schwer eine Entscheidung für einen Aufhebungsvertrag fällen.

Speziell hierfür sind Perspektiven-Beratungen oder Orientierungsgespräche bestens geeignet. Geben Sie Ihrem Mitarbeitenden die Möglichkeit, mit einem externen Berater die individuellen Marktchancen zu eruieren. Unsicherheiten werden hierdurch schnell aus dem Weg geräumt. Der betroffene Mitarbeitende kann auf einer soliden Grundlage über das freiwillige Ausscheiden aus dem Unternehmen entscheiden.

Tipp 4

Bereiten Sie sich und Ihre Führungskräfte gut auf das Kündigungsgespräch vor.

Die gute Vorbereitung gilt nicht nur für das Schnüren des Trennungspakets, sondern ist obligatorisch für das eigentliche Kündigungsgespräch. So ist die Überbringung dieser schwierigen Botschaft bei einigen unserer Klienten zum Fiasko geworden. Anstatt die Kündigungsnachricht klar zu übermitteln, bleiben viele Führungskräfte vage, weil sie sich in der Situation unwohl fühlen. Oder sie verwässern das eben Gesagte, indem sie sich zu falschen Versprechungen leiten lassen.

Viele Personaler sind sich dieser Problematik bewusst und setzen daher zunehmend auf eine professionelle Vorbereitung der Führungskräfte im Rahmen eines ganzheitlichen Trennungsmanagements. In Gruppen- oder Einzeltrainings werden Führungskräfte umfassend auf Kündigungsgespräche vorbereitet:

  • Wie sollte die Einladung erfolgen? Wo findet das Entlassungsgespräch statt?
  • Wie viel Zeit muss ich einplanen?
  • Wie transportiere ich die Trennungsnachricht klar und deutlich?
  • Wie fange ich den Mitarbeitenden auf?
  • Mit welchen Reaktionen muss ich rechnen und wie gehe ich als Führungskraft damit um?
  • Und letztendlich: Wie „entlasse“ ich den Mitarbeitenden aus dem Gespräch?
  • Welche nächsten Schritte sind in welchem Zeitfenster zu vereinbaren?
Tipp 5

Nutzen Sie das Auffanggespräch in schwierigen Trennungsfällen

In bestimmten Situationen sind Beschäftigte derart von der Kündigungsnachricht getroffen, dass sie zunächst nicht alleine „ihrem Schicksal überlassen" werden sollten. So erinnere ich mich an den Fall einer alleinerziehenden und alleinverdienenden Mutter, die darüber hinaus noch ihren pflegebedürftigen Vater betreuen musste. Die Trennungsbotschaft führte zu einem mittelschweren Nervenzusammenbruch, der noch lange Zeit Gesprächsthema im Unternehmen war.

Prüfen Sie darum im Vorfeld, ob sich der betroffene Mitarbeitende zusätzlich in einer belastenden Situation – zum Beispiel durch Pflege eines Angehörigen, eine Scheidung oder andere Krisenherde – befindet. Ist davon auszugehen, dass die Trennungsbotschaft zu einer schwerwiegenden Reaktion führt, rate ich zu einem Auffanggespräch durch einen psychologisch geschulten externen Profi. Als neutraler Dritte bietet der Berater direkt im Anschluss an das Trennungsgespräch eine Plattform, um über Ängste und Enttäuschungen zu sprechen, erste Fragen zu klären und mögliche nächste Schritte aufzuzeigen.

Tipp 6

Stimmen Sie die Kommunikation an das Kollegium mit dem betroffenen Mitarbeitenden ab.

Wir wissen, wie wichtig es ist, einen von der Kündigung betroffenen Mitarbeitenden fair und wertschätzend zu „verabschieden“. Aber was ist mit den verbleibenden Kolleginnen und Kollegen? Um Gerüchte und Flurfunk zu vermeiden, wäre es sicherlich vorteilhaft, schnellstmöglich mit einer klaren Kommunikation an die Belegschaft zu gehen. Dies ist allerdings oftmals aufgrund der noch unklaren rechtlichen Situation nicht möglich. Sie können nicht abschätzen, ob der betroffene Arbeitnehmer einen Arbeitsgerichtsprozess anstrebt oder – im anderen Fall – tatsächlich eine Aufhebungsvereinbarung unterschreibt. Verkünden Sie zu einem zu frühen Zeitpunkt die Trennung, laufen Sie Gefahr, dass der Mitarbeitende doch wieder an seinen Schreibtisch zurückkehrt. Eine Fehlkommunikation, die allen Beteiligten schadet.

Grundsätzlich empfehle ich Ihnen mit dem betroffenen Mitarbeitenden die Kommunikation an die Belegschaft abzusprechen. Was soll wann kommuniziert werden? Wenn sich beide Parteien hinsichtlich der Botschaft einig sind, minimieren Sie das Risiko, das Gesicht auf beiden Seiten zu verlieren. Eine inhaltlich abgestimmte Abschiedsmail, die von beiden Seiten an das Kollegium verschickt wird, ist ideal, aber nicht immer durchführbar.

In noch unklaren Trennungsfällen ist „Aushalten“ eine unverzichtbare Alternative. Erst dann, wenn die rechtlichen Aspekte eindeutig geklärt sind, kann eine wertschätzende Kommunikation an das verbleibende Personal erfolgen.