Arbeitsmarktanalysen als Kompass für den Personalumbau

Die Dynamik am Arbeitsmarkt ist hoch. Jobprofile verändern sich und damit auch die Anforderungen an Skills und Fähigkeiten der Belegschaft. Wie können Unternehmen Arbeitsmarktanalysen nutzen, um quantitative und qualitative Anpassungen der Personalstruktur vorzunehmen? Welche Ansätze sind empfehlenswert, um die Workforce Transformation erfolgreich zu steuern?

Workforce-Balancing-Dilemma

Die Dynamik am Arbeitsmarkt nimmt zu. Die großen Trends wie E-Mobilität, Digitalisierung, Energiewende / Nachhaltigkeit, Alterung der Gesellschaft aber auch der Ausbau der Infrastruktur schaffen zum einen ganz neue Berufe und Tätigkeiten. Zum anderen sorgen sie dafür, dass Profile und Tätigkeiten ganz wegfallen können. 

Auch unsere Studie zur Workforce Transformation aus 2020 bestätigt, dass sich bereits in den vergangenen drei Jahren bei jedem dritten Unternehmen bis zu 25% der Anforderungsprofile verändert haben. Bei einem weiteren Viertel waren es 26 bis 40% der Profile. Rund 15% der Unternehmen standen sogar vor der Herausforderung, dass sich mehr als 40% der Profile verändert haben. Nach Einschätzung der Unternehmen wird sich dieser Trend in ähnlichem Maße in den nächsten drei Jahren weiter fortsetzen.

Das führt dazu, dass Unternehmen sich einer neuen Herausforderung stellen müssen: dem Workforce Balancing Dilemma. Das bedeutet, dass veraltete Kapazitäten, also Beschäftigte mit Kompetenzen, die nicht mehr in der gleichen Menge benötigt werden, abgebaut und neue Kompetenzen aufgebaut werden müssen.

Personalumbau: Arbeitsmarktanalysen weisen den Weg

Arbeitsmarktanalysen ermöglichen einen qualitativen und quantitativen Blick in die Arbeitswelt der Zukunft. Unternehmen sind gut beraten, diese zu nutzen, um Chancen und Risiken für die Steuerung der eigenen Personalkapazitäten und Kompetenzen besser einzuschätzen. Ausgangspunkt ist die Definition der Zielgruppe: Für welche Zielgruppe sollen welche Informationen zur Verfügung gestellt werden? Welches Profil weist den größten Veränderungsbedarf auf? Wie können diese Profile innerhalb von Unternehmen bewegt werden? Was sind alternative Karriereoptionen?

Die Analyse umfasst zwei Dimensionen: Den Einzelnen, der einen Einblick über interne und externe Chancen und Risiken erhält und sich darüber aufklärt, was in Zukunft von ihm erwartet wird und Unternehmen, die den Umbau der Belegschaft aktiv steuern wollen.

Die richtigen Quellen finden

Wenn die Zielgruppe erfasst ist, geht es darum die richtigen Quellen zu finden. Aktuell lassen sich immer mehr Informationen zur Entwicklung der zukünftigen Arbeitsmärkte und Fachkräfteengpässe gewinnen. „Global“ heißt es da oder „Future of Work“. Hier bieten etliche große Beratungsfirmen, Forschungseinrichtungen und das Weltwirtschaftsforum (WEF) gute Materialien. Für Deutschland haben die Bundesagentur für Arbeit und das QuBe Projekt (Qualifikationen und Berufe in der Zukunft) bereits Analysen geliefert, die Jobsuchenden in ihrer ganz persönlichen Neuorientierung helfen.

Der besondere Wert von Arbeitsmarktanalysen für Unternehmen und Personalverantwortliche liegt in der Einschätzung, ob in Berufen eine Über- oder eine Unterdeckung am Arbeitsmarkt herrscht, und wie diese sich in Zukunft entwickeln werden. Hier müssen auch die regionalen bzw. lokalen Gegebenheiten berücksichtigt werden. Zudem lässt sich aus ihnen ableiten, welche Kompetenzen in Zukunft gefragt sind und welche weniger.

Denn Unternehmen müssen ebenfalls (intern) einschätzen, bei welchen Jobs/Rollen es zu Überdeckungen und Unterdeckungen kommen wird. Und in der Folge wie die Chancen stehen, diese Unterdeckungen durch die Rekrutierung neuer Beschäftigter vom Arbeitsmarkt abzudecken oder Beschäftigte aus Bereichen mit Überdeckung am Arbeitsmarkt zu platzieren. Kurz gesagt: Unternehmen müssen planen, wie in Zukunft die Bestandsmannschaft aussehen soll und wie diese formiert werden kann.

  • Wer hat den größten Veränderungsbedarf?
  • Wer weist Veränderungsbereitschaft auf?
  • Wer sind die kulturtreibenden Player oder Mitarbeitenden mit wertvollem Betriebs-Know-how, auf die wir nicht verzichten möchten?

All diese Informationen helfen dabei, bei einer Workforce Transformation die „Make oder Buy“ Entscheidungen zu treffen. Auch für Mitarbeitende ist es hilfreich, Informationen zu erhalten, welche beruflichen Alternativen zur Verfügung stehen und welche Weiterbildungsangebote bestehen, wenn sie sich in die entsprechende Richtung entwickeln wollen. 

Unser Tipp

Gehen Sie mithilfe der Strategischen Personalplanung ganzheitlich vor. Sie schafft das Fundament, um einen Personalumbau kosteneffizient und nachhaltig erfolgreich zu gestalten. 

Strategische Personalplanung mit von Rundstedt

Ein destillierter Blick auf den Arbeitsmarkt der Zukunft

Die Frage, welche Anpassungen zukünftig in der Belegschaft bevor stehen werden, kann nicht pauschal beantwortet werden. Das hängt damit zusammen, dass Unternehmen unterschiedlich von den genannten Trends betroffen werden – und dann auch noch unterschiedlich darauf reagieren. Natürlich gibt es eine Vielzahl von Studien, die sich mit dem Thema auseinandersetzen, auch auf detaillierter Ebene. Allerdings kommen diese meist zu unterschiedlichen Ergebnissen. Wenn wir einen destillierten Blick auf die Zukunft werfen, können wir folgendes sagen:

Jobprofile stehen vor einem Wandel

Ein Paradebeispiel dafür ist die E-Mobilität. Interessant wird aber auch der Blick auf den kompletten öffentlichen Verwaltungsbereich. Hier kommen mehrere Themen zusammen: Wir glauben, dass der Bedarf an Personal sich vergrößern wird, beispielsweise in Gesundheitsämtern oder in Schulen. Dadurch, dass die Verwaltungen auch massiv von Verrentungen betroffen sind - und das eher exponentiell steigend - wird sich der „Bruttopersonalbedarf“ noch viel mehr erhöhen. Gleichzeitig werden neue Technologien eingeführt werden, auch Lehrer müssen digital arbeiten können. Wenn Personalabteilungen das nicht richtig durchdenken und sich nicht darauf vorbreiten, führt das rasch zu Überforderungen, die dazu führen, weniger und/oder die falschen Mitarbeitenden an Bord zu haben.

Mosaikkarriere

Biographien werden neugestaltet. Nach dem Motto „lebenslanges Lernen“ schlagen Arbeitnehmende immer wieder neue Richtungen ein, erlangen neue Kompetenzen und das in allen Altersstrukturen. Der Trend geht zur Mosaikkarriere. Es geht nicht mehr nur ums „Perfect Match“ sondern um die Offenheit & Motivation des einzelnen Individuums Neues zu lernen. Ebenso ist eine Mindset-Veränderung auf Seiten der Unternehmen notwendig, so dass ein potenzialorientiertes Matching an die Stelle des "Perfect Match" tritt und Multigrafien stattfinden können.

Engpässe und Überschüsse

Wir können zwar noch nicht sagen, wie viele Kompetenzen in welchen Berufen in fünf Jahren gebraucht werden. Aufgrund der bisher vorliegenden Daten gehen wir aber davon aus, dass folgende Tätigkeiten in Zukunft an Bedeutung gewinnen werden: Alles rund um (Advanced) IT, Technologie Design und Programmierung, Lernen, Kommunikation, Teamwork, kritisches Denken / Probleme lösen, Resilienz. Alles was weniger durch Menschenhand ablaufen muss, grob mit einer Dateneingabe und Buchung zu tun hat, wird automatisiert und digitalisiert.

Kompetenzüber- und -unterdeckungen müssen jetzt erkannt werden

Wir raten Unternehmen dazu, sich Gedanken zu machen, wer die internen und externen Treiber für die Organisation sind. Sie sollten sich im Rahmen der Strategischen Personalplanung die Frage stellen: Was ist unser Geschäftsmodell und wie möchten wir uns aufstellen? Aus diesen Fragen ergeben sich Chancen und Risiken. Je nachdem wie groß und wie kritisch diese Ergebnisse sind, muss das Thema Workforce Transformation profund und differenziert angegangen werden. Es entsteht ein neuer Geschäftsprozess, wodurch sich ein Rahmen ergibt aus Strategie, Instrumente, Organisation, Prozesse, IT, KPIs.

 

Grundbausteine der Analyse

  • Was sind die Skills und Kompetenzen meines Unternehmens?
  • Wie entwickeln sich diese?
  • Wie viele brauchen wir davon in Zukunft?
  • Die Zieledefinition von Skills und Kompetenzen, die im Unternehmen gebraucht werden, muss bekannt sein. Die Entwicklung der vorhandenen Skills und Kompetenzen sollten dafür simuliert werden, um Lücken zu identifizieren und darauf aufbauend Maßnahmen zum Ausgleich der Über- und Unterdeckungen zu beschließen. 

Stolpersteine der Umsetzung

Viele Workforce-Transformation-Projekte können ihr volles Potenzial noch nicht entfalten. Das hängt damit zusammen, dass es in Unternehmen zwar gute Programme und fähige Köpfe für die tatsächlichen Up- und Reskillingmaßnahmen gibt, aber hinsichtlich der Information und der Kommunikation der Mitarbeitenden, Führungskräfte und Betriebsräte sowie der Mobilisierung der Mitarbeitenden eher schlecht aufgestellt sind. Die Unternehmen tun sich schwer, die Planung in das Operative herunterzubrechen. 

Wie können die Mitarbeiter bei der Transformationsreise mitgenommen werden?

Führungskräfte sind der Dreh- und Angelpunkt. Sie müssen dem Mitarbeiter dabei helfen, den Veränderungsbedarf und das WHY beantworten zu können. WHY? – Warum sollten sich die Mitarbeitenden auf die Veränderung einlassen, Zeit investieren und sich neue Kompetenzen aneignen? Bei dieser Frage fühlen sich viele Führungskräfte allein gelassen. Der Bedarf an Schulungen und Support ist mittlerweile sehr groß. 

Unser Tipp

Setzen Sie auf ein strukturiertes Change Management, um alle Stakeholder in der Transformation mitzunehmen.

6 Schritte für das Change Management

Über den Autor

THOMAS FAUST

SENIOR STRATEGIC WORKFORCE PLANNING EXPERT

Thomas Faust hat sich in seiner internationalen Beraterlaufbahn auf die Themen Zukunft der Arbeit, strategisches Workforce Management und Restrukturierung spezialisiert. Sein besonderes Interesse gilt der Analyse und Bewertung des Human Capital Managements. Seine Branchenerfahrungen reichen vom Finanzsektor über Energiewirtschaft, Maschinen- und Anlagenbau, Logistik bis hin zum Handel. Bei von Rundstedt entwickelt er maßgeblich das Beratungsportfolio für die Workforce Transformation mit.

Strategische Personalplanung, Kompetenzanalysen