Betriebsratsvergütung: Bei zu hohen Arbeitsentgelten drohen Strafbarkeit und Rückzahlungen

Ein Beitrag von Thomas Keller

Erhalten Betriebsräte zu Unrecht eine zu hohe Vergütung kann es für alle Beteiligten im Unternehmen gefährlich und teuer werden. Dies zeigt das Urteil des 6. Strafsenats des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 10.01.2023 (Az.: 6 StR 133/22). Deshalb sollten Arbeitgeber und Betriebsräte ihr System der Betriebsratsvergütung dringend überprüfen.

DIE HINTERGRÜNDE

Das Landgericht Braunschweig (LG) hatte zwei frühere Vorstände für den Bereich Personal und zwei frühere Personalleiter der Volkswagen AG noch vom Vorwurf der Untreue freigesprochen.

In dem Prozess ging es um die die Zahlung von Arbeitsentgelten (Monatsgehälter einschließlich „freiwilliger“ Bonuszahlungen) an freigestellte Betriebsräte. Die Gehälter überstiegen die Zahlungen an die betriebsverfassungsrechtlich zutreffenden Vergleichsgruppen erheblich. Dem Arbeitgeber entstand dadurch ein beträchtlicher Schaden. Nach Ansicht des LG haben die Angeklagten durch die Einstufung der Betriebsräte in deutlich höhere, dem "Managementkreis" vorbehaltene Entgeltgruppen und die Gewährung freiwilliger Bonuszahlungen von jährlich € 80.000 bis € 560.000 je Betriebsrat den objektiven Tatbestand einer Untreue erfüllt.

Aber den Managern fehle der erforderliche Vorsatz. Denn sie hatten sich auf den Rat interner und externer Berater verlassen, beziehungsweise ein bestehendes Vergütungssystem vorgefunden und fälschlich angenommen, mit ihren Entscheidungen keine Pflichten zu verletzen. Schließlich konnten sie sich auf Bewertungen von Anwälten berufen, welche die Vergütung für angemessen hielten.

Der 6. Strafsenat des Bundesgerichtshofs jedoch kommt zu einer anderen Einschätzung und hat die Freisprüche aufgehoben. Damit wird eine Verurteilung der Unternehmens-Manager möglich.

Aus diesen Gründen hob der Bundesgerichtshof das Urteil auf

Das LG sei im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass der objektive Tatbestand einer Untreue nach § 266 Abs. 1 Strafgesetzbuch erfüllt sein kann, wenn ein Vorstand oder Prokurist einer Aktiengesellschaft unter Verstoß gegen das betriebsverfassungsrechtliche Begünstigungsverbot einem Mitglied des Betriebsrats ein überhöhtes Arbeitsentgelt gewährt. Die vom LG hierzu getroffenen Urteilsfeststellungen genügten dem BGH aber nicht den gestellten Anforderungen. Deshalb geht der Prozess beim LG weiter.

Das LG wird zu der Einordnung in "Kostenstellen" und "Entgeltgruppen", zu den Regeln betreffend eines Aufstiegs in höhere "Entgeltgruppen" sowie in die verschiedenen "Managementkreise" erneut ermitteln müssen.

Auch die Beweiswürdigung des LG zum Vorsatz der Angeklagten ist nach Auffassung des BGH lückenhaft, weil das LG allein die Einordnung der Betriebsratsmitglieder in bestimmte Entgeltstufen beurteilt hat. Die über die Grundgehälter hinaus gewährten Bonuszahlungen hat das LG zu Unrecht außer Betracht gelassen.
 
Das LG wird dabei kaum die vorliegenden (Gefälligkeits-)Gutachten berücksichtigen, die sich die Manager erstellen ließen, bevor das Geld floss.

Unzutreffende Gutachten schützen eben vor Strafe nicht.

Wie Unternehmen jetzt auf das Urteil reagieren sollten:

Die Unternehmen werden die Rechtsprechung des BGH beachten und umsetzen. Jedes andere Vorgehen ist strafbar. Für geraume Zeit wird somit erst einmal Schluss sein, mit dem Beigeschmack, den Gehaltssprünge nach Freistellung von Betriebsratsmitgliedern oftmals haben.
Unternehmen tun sich umgekehrt künftig leichter, Gehälter freigestellter Betriebsratsmitglieder erst einmal etwas niedriger festzusetzen oder sogar zu kürzen. Und zwar einseitig. Eben unter Verweis auf die Rechtsprechung des BGH.

Künftig wird die Beziehungspflege und Vertrauensbildung entlang einer transparenten Unternehmenskultur in den Vordergrund und die pure Vergütungsfrage in den Hintergrund rücken. Der Impuls des BGH regt dazu an.

Die ersten Unternehmen haben schon reagiert und Vergütungen freigestellter Betriebsräte reduziert. Richtig so, wenn die Vergütungen zu hoch waren, weil man sie mit der Begründung, die Betriebsräte seien „Co-Manager“, zu hoch - also höher als die einer zutreffenden Vergleichsgruppe - festgesetzt hat. 

Wir werden nicht lange warten müssen, bis die Arbeitsgerichte solche Veränderungen von Betriebsratsvergütungen verhandeln, weil sich Betriebsräte gegen eine Neubewertung zur Wehr setzen.

In welcher Phase Ihrer Restrukturierung müssen Sie den Betriebsrat miteinbeziehen und wie verhandeln Sie Interessen fair und erfolgreich?

Planen Sie die Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat Schritt für Schritt mit unserem Leitfaden. 

Über den Autor

Thomas Keller

Thomas Keller gründete vor fast 25 Jahren die auf arbeitsrechtliche Beratung spezialisierte Kanzlei KELLER MENZ. Er nennt seine Beratung von Unternehmen und Unternehmern „Tiefenberatung“. Im Kern geht es ihm um rechtzeitige und klare Weichenstellungen. Ein Großteil seiner Tätigkeit ist die Begleitung von Führungskräften.

Telefon: +49 89 2422300 E-Mail: thomas.keller@keller-menz.de  Web: