Alternative Vorruhestandsregelung: Das Airbag-Modell für rentennahe Jahrgänge

Müssen Unternehmen ihre Personalkosten senken, ziehen sie in der Regel auch Vorruhestandsmodelle in Erwägung. Denn gerade Mitarbeitende in den rentennahen Jahrgängen beziehen oft hohe Gehälter und sind für Unternehmen teuer. Ein attraktives Instrument ist das sogenannte Airbag-Modell, das in Kombination mit einer Transfergesellschaft eingesetzt wird. Dieses ist eine gleichermaßen sozialverträgliche wie kosteneffiziente Möglichkeit, sich von älteren Mitarbeitern zu trennen.

Vorruhestandsmodelle bei Personalabbau

Ältere Arbeitnehmende über 55 Jahren erweisen sich bei einem groß dimensionierten Personalabbau häufig als Herausforderung: Sie haben auf dem Personalmarkt schlechte Chancen und kämpfen entsprechend hart um ihren Arbeitsplatz. Auch sind ältere Mitarbeiter durch die Sozialauswahl oft besser geschützt und werden nach Sozialplan zuletzt entlassen. Vorruhestandsregelungen sind hier ein probater Weg, eine Einigung zu erzielen. Denn ein finanziell abgesicherter frühzeitiger Ruhestand hat für viele ältere Arbeitnehmer durchaus seinen Reiz.

Es gibt unterschiedliche Gestaltungsmöglichkeiten: 

  • Vorruhestand durch Altersteilzeit
  • Vorruhestand durch eine Abfindung und Inanspruchnahme von gesetzlichen Sozialleistungen

Insbesondere für Arbeitnehmende um die 60 lassen sich mit etwas steuerrechtlichem Geschick erstaunlich attraktive Lösungen erarbeiten: Je nach Ausgangslage ist es möglich, ihnen durch Zahlung einer moderaten Abfindung bis zum Renteneintritt fast ihr gewohntes Netto-Einkommen zuzusichern – ohne Renteneinbußen. Der Austritt aus dem Unternehmen sowie die Höhe der Abfindung für den rentennahen Arbeitnehmer werden in einem Aufhebungsvertrag schriftlich geregelt.

Sozialpläne können – anders als der Interessenausgleich – auch über eine Einigungsstelle erzwungen werden. 

Airbag-Modell in Kombination mit einer Transfergesellschaft

Besonders attraktiv für Unternehmen und Arbeitnehmer kurz vor der Rente ist das Vorruhestandsmodell in Kombination mit einer Transfergesellschaft.

Sollte die Jobsuche jedoch nicht erfolgreich sein, sind sie bis zum Eintritt in die gesetzliche Rente durch Arbeitslosengeld I und Abfindungszahlungen des Arbeitgebers finanziell abgesichert. 

Für den Übergang in die Rente im Rahmen der Transfergesellschaft gibt es unterschiedliche Gestaltungsoptionen. Hier ein Beispiel:

  • Die Mitarbeitenden können im Alter von 58 Jahren aus dem Unternehmen ausscheiden. Sie treten zunächst in die Transfergesellschaft ein – mit dem Ziel, eine neue Beschäftigung zu finden. 
  • Die Mitarbeitenden erhalten in der Transfergesellschaft zunächst Kurzarbeitergeld  (min. 60 % des Nettoeinkommens), das durch den Arbeitgeber aufgestockt wird (z.B. auf 80% des Nettoeinkommens). 
  • Anschließend erhalten die Mitarbeitenden für maximal zwei Jahre Arbeitslosengeld I  (min. 60 % des Nettoeinkommens). Durch die Abfindung des Arbeitgebers kann das Einkommen während des Bezugs von Arbeitslosengeld aufgestockt werden (z.B. auf 80% des Nettoeinkommens).
  • Mit der Abfindung des Arbeitgebers überbrücken die Mitarbeitenden die verbleibende Zeit bis zur Rente als „Privatier“ (z.B. mit 80% des Nettoeinkommens).

!Wichtig: Mitarbeitende dürfen beim Zugang zum Airbag-Modell noch nicht rentenzugangsberechtigt sein.

Steuer- und Rentenberatung für Mitarbeitende

Damit das Airbag-Modell für die rentennahen Arbeitnehmende attraktiv ist und die volle finanzielle Absicherung garantiert ist, muss genau gerechnet werden. Steuer- und Rentenberater können dabei helfen, die jeweils beste Vergütungsformel für den Angestellten zu finden. Durch die umfassende Beratung kann außerdem sichergestellt werden, dass die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter am Ende der Übergangszeit abschlagsfrei in Rente geht.

Unser Tipp:

Es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, Abfindungszahlungen so zu gestalten, dass die steuerliche Belastung sehr gering ausfällt. Fließt die Zahlung zum Beispiel gebündelt, so kann die so genannte „Fünftelregelung“ zur Anwendung kommen. Dabei wird der Steuersatz so berechnet, als wäre nur ein Fünftel der Abfindung zu versteuern (= geringerer Steuersatz für die gesamte Abfindung). Des Weiteren können Sonderausgaben – Rürup-Rente, Einzahlungen in eine Direktversicherung – gezielt ins Jahr der Abfindungszahlung verlegt werden.

Berufliche Neuorientierung ab 55 in der Transfergesellschaft

Viele Vorruhestandsmodelle zielen darauf ab, rentennahe Arbeitnehmende aus dem Erwerbsleben heraus direkt in die Rente zu begleiten. Das Airbag-Modell mit Transfergesellschaft verfolgt einen alternativen Ansatz: Auch ältere Mitarbeitende haben noch Chancen auf dem Arbeitsmarkt und werden darum genau wie jüngere Mitarbeitende optimal bei der Jobsuche unterstützt und nehmen an Qualifizierungsmaßnahmen teil.

Diese Erwartung stellt auch die Agentur für Arbeit an Arbeitnehmer, die das Airbag-Modell nutzen. Weil der Arbeitnehmer finanzielle Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung empfängt (Transferkurzarbeitergeld und Arbeitslosengeld I), muss er im Gegenzug weiterhin dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen und sich aktiv um eine Stelle bemühen.

Tipp

Prüfen Sie jetzt, ob Sie auf eine staatliche Förderung Ihrer Transfermaßnahme setzen können. 

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Vorteile des Airbag-Modells für Unternehmen

  • Das Unternehmen profitiert beim Airbag-Modell in Kombination mit der Transfergesellschaft von Einsparungen bis zu 60 % bei den Personalkosten der rentennahen Mitarbeitende. 
  • Durch die Zeit in der Transfergesellschaft (mit Transferkurzarbeitergeld) ist das Airbag-Modell oft günstiger als klassische Altersteilzeitmodelle oder das Wertguthabenmodell.
  • Das alternative Vorruhestandsmodell ist für rentennahe Mitarbeitende sehr attraktiv und damit ein effektives Mobilisierungsinstrument.
  • Im Gegensatz zur Altersteilzeit verlassen die Mitarbeitende beim Airbag-Modell mit Transfergesellschaft sofort Ihr Unternehmen (Off-Payroll-Stichtag). Das ermöglicht eine schnelle Reduzierung der Mitarbeiterzahlen.
  • Sofern Kündigungsfristgehälter eingebracht werden, ist die Transfergesellschaft für den Arbeitgeber aufwandsneutral.
  • Da das Ausscheiden freiwillig via 3-seitigem Vertrag erfolgt, besteht kein Klagerisiko. Der dreiseitige Vertrag enthält u.a. den Aufhebungsvertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
     

Vorteile des Airbag-Modells für Arbeitnehmer

  • Der Mitarbeitende erhält die Chance, ein passendes neues Arbeitsverhältnis aufzunehmen. Unterstützung bei der Stellensuche erhält er in der Transfergesellschaft durch erfahrene Karriereberaterinnen und -berater.
  • Finanzielle Absicherung ist durch die Arbeitslosenversicherung (Bezug von Transferkurzarbeitergeld und ALG I) sowie eine attraktive Abfindungszahlung des Arbeitgebers gegeben, falls Beschäftigte kein neues Jobangebot erhalten.
  • Der Eintritt in die Beschäftigungsgesellschaft „schützt“ den Mitarbeitenden vor Sperrfristen und Wartezeiten der Agentur für Arbeit und hat keine negativen Auswirkungen auf den Bezug von ALG I.
  • Garantiertes Nettoeinkommen bis zur Rente: Der Mitarbeitende kann mit monatlichen Zahlungen zwischen 80 % und 95 % des bisherigen Nettogehalts rechnen.
  • Die Beratung durch Steuer- und Rentenexpertinnen und -experten ermöglicht eine abschlagsfreie Rente nach der Übergangszeit sowie volle Planungssicherheit durch einen individuellen Auszahlungsplan der Abfindung.

Das Airbag-Modell ohne Transfergesellschaft

Ist eine Transfergesellschaft in Ihrer Firma nicht möglich, weil beispielsweise durch eine Betriebsvereinbarung in den nächsten fünf Jahren betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen sind? Auch ohne Transfergesellschaft können Sie Ihren älteren Mitarbeitenden einen attraktiven Übergang in die Zukunft anbieten. Allerdings erhöhen sich ohne den Bezug von Transferkurzarbeitergeld die Kosten für das Unternehmen, da Mitarbeitende – unter ansonsten identischen Voraussetzungen – ein weiteres Jahr als Privatier aus der Abfindung heraus finanzieren muss.

Das sogenannte Wertguthabenmodell bzw. Mannheimer Modell ist eine weitere – durchaus beliebte – Option, für ältere Arbeitnehmende die Zeit bis zum Renteneintritt zu überbrücken. Zum Beispiel kann ein Teil des Lohns in ein Wertguthaben einfließen, das bei Austritt aus dem Unternehmen an die Deutsche Rentenversicherung (DRV) übertragen wird. Nachdem Mitarbeitende 24 Monate Arbeitslosengeld I bezogen hat, kann er anschließend das Guthaben von der DRV als monatliches „Arbeitsentgelt“ abrufen. Weitere Formen der Ausgestaltung sind möglich. Weil es jedoch laut Beschlussfassung der Bundesagentur für Arbeit seit Jahresbeginn 2020 nicht mehr mit einer Transfermaßnahme kombinierbar ist, hat das Wertguthabenmodell zuletzt an Attraktivität für Unternehmen verloren. Denn auch hier gilt: Ohne die staatliche Förderung in einer Transfergesellschaft wird es für den Arbeitgeber oft teuer.

Tipp

Als zertifizierter Transferanbieter können wir Transfergesellschaft mindestens kostenneutral konzipieren. Berechnen Sie schon jetzt die Kosten einer möglichen Transfergesellschaft mithilfe unseres Remanenzkostenrechners.

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Vorruhestandsregelungen im Vergleich

Für Mitarbeitende

Airbag-Modell mit Transfergesellschaft Altersteilzeit Wertguthabenmodell  
Zugang beliebig gestaltbar Zugang 6 Jahre vor Regelrenteneintritt (max. 8 Jahre) Zugang frühestens ab 50 Jahren (Beginn Ansparphase)  
Mitarbeiter hört unmittelbar auf zu arbeiten Mitarbeiter ist die halbe ATZ-Dauer weiterhin wie bisher tätig Mitarbeiter hört unmittelbar auf zu arbeiten  
Mitarbeiter scheidet unmittelbar aus dem Unternehmen aus Mitarbeiter verbleibt im Unternehmen Mitarbeiter scheidet unmittelbar aus dem Unternehmen aus  
Vergütung: Garantiertes Nettoeinkommen (abhängig von Abfindungshöhe und individueller steuerlicher Rahmenbedingungen) Vergütung: Festgelegter Prozentsatz vom bisherigen Netto, mind. 50 % über die gesamte Altersteilzeit hinweg Vergütung: mind. 70% vom 12M-Durchschnitts-Brutto-Gehalt  
Sozialversicherung ist z.T. individuell zu regeln Sozialversicherung ist über Anstellungsverhältnis geregelt Sozialversicherung ist z.T. individuell zu regeln  
Finanzielle Optimierung durch Steuergestaltung möglich Keine Finanz- / Steueroptimierung Versteuerungspflichtiger Betrag fließt in Wertguthaben und bleibt bis Auszahlung gebunden  
Hinzuverdienstmöglichkeiten uneingeschränkt möglich Hinzuverdienstmöglichkeiten eingeschränkt möglich Hinzuverdienstmöglichkeiten uneingeschränkt möglich  
Sozialabgabenfrei   Kein garantiertes Nettoeinkommen,da Steuern & Sozialabgaben für AN- & AG-Anteil erst in der Auszahlungsphase fällig werden  

Für Unternehmen

Airbag-Modell mit Transfergesellschaft Altersteilzeit Wertguthabenmodell  
Unmittelbare Reduzierung des Headcount Formal keine Headcount-Reduzierung, operativ im Passiv-Teil Unmittelbare Reduzierung des Headcount  
Sofortige Nachbesetzung (Ringtausch) möglich Nachbesetzung erst zum Eintritt in Passiv-Teil möglich Sofortige Nachbesetzung (Ringtausch) möglich  
Einsparpotenzial 50-60% der Brutto-Lohnkosten bis Renteneintritt Einsparpotenzial ca. 30% der Brutto-Lohnkosten bis Renteneintritt Keine Kombination mit geförderten Transfermaßnahmen möglich  
    Sozialabgaben für AN- & AG-Anteil müssen bei der Auszahlung berücksichtigt werden  

Fazit

Vorruhestandsregelungen sind eine besonders elegante – und vielfach unterschätzte – Möglichkeit des sozialverträglichen Personalabbaus. Solche Regelungen kommen generell für Arbeitnehmende ab 55 Jahren in Betracht.

Das Airbag-Modell in Kombination mit der Transfergesellschaft ist für rentennahe Arbeitnehmende und Unternehmen besonders attraktiv und ein effektives Instrument zur Senkung von Personalkosten.

Einerseits ermöglicht das Modell, dass ältere Mitarbeitenden zum Stichtag in die Transfergesellschaft wechseln und damit nicht mehr beim Betrieb angestellt sind. Andererseits profitieren Mitarbeitende von einem garantierten Nettoeinkommen bis zur Rente, falls er keine adäquate Anschlussbeschäftigung finden sollte.

Über den Autor

Christian Summa

Geschäftsführer & Partner

Christian Summa ist Geschäftsführer und Partner bei von Rundstedt. In seiner Rolle als Chief Consulting Officer leitet er bundesweit die Kundenbetreuung in Restrukturierungen sowie Personalumbau- und -abbauprojekten. Seit 2004 hat der diplomierte Betriebswirt als Partner und in verschiedenen Vertriebspositionen bei von Rundstedt die Beratungslösungen entscheidend weiterentwickelt, zuletzt als Director Workforce Transformation.  Seit 2020 teilt er sich die Geschäftsführung der Tochtergesellschaft Rundstedt Transfer GmbH mit Sophia von Rundstedt. Vor seinem Einstieg bei von Rundstedt war er in den Branchen Luft- und Raumfahrt sowie Automotive tätig.

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