Arbeitsrechtliches Toolkit bei der Anpassung von Personalressourcen

Gerade ist die Pandemie verdaut, stellen sich für Unternehmen nahtlos weitere Herausforderungen. Hohe Zinsen, Energie- und Rohstoffpreise sowie Inflation, Lieferkettenprobleme, veränderte Nachfrage - Regierung und Wirtschaft sind im Dauerkrisenmodus. Gerade die Automobilwirtschaft und dort die Tier-2 und Tier-3 Lieferanten sowie der Maschinen- und Anlagenbau stehen mangels finanzieller Spielräume besonders unter Druck. Reagieren können die Unternehmen darauf u. a. mit Personalmaßnahmen. Je nach Lage bietet sich dafür ein breites arbeitsrechtliches Toolkit. Dabei ist auch auf einige Dos and Don’ts zu achten.

1. Arbeitsrechtliches Toolkit

Natürlich gibt es diverse Maßnahmen, um auf unterschiedliche betriebliche Herausforderungen zu reagieren. Neben transformatorischen und arbeitsorganisatorischen Maßnahmen ist eine wesentliche Option, kostenwirksam Personalressourcen anzupassen. Hier haben sich u. a. folgende arbeitsrechtliche Mittel bewährt:

Freilich sind die Maßnahmen sinnhaft am konkreten Unternehmen auszurichten. Zudem sollten sie den aktuellen rechtlichen Anforderungen entsprechen. Das ist nicht immer der Fall, gerade wenn sich die Unternehmen auf vermeintlich bewährte Dokumente und Vorgehensweisen vergangener Maßnahmen verlassen. Gerade bei der Formulierung von Interessenausgleich und Sozialplänen, flankierenden Betriebsvereinbarungen etc. ist äußerst sorgfältig zu arbeiten, gerade auch was den Anwendungsbereich und Kompensationsleistungen für die konkrete Maßnahme angeht. Das Recht entwickelt sich zudem ständig weiter. Beispielsweise sind im Bereich der Freiwilligenprogramme jüngst einige Urteile zu Klauseln und Gestaltungen ergangen, deren Missachtung teuer werden kann.

2. Dos and Don’ts

In der Praxis kehren regelmäßig ähnliche Themenkomplexe wieder.

2.1 Sorgfältige Planung

In der Planungsphase stellen sich die üblichen Hürden. Zu diesen stimmen sich (interne oder externe) Strategieberater und Rechtsanwälte aber häufig schlecht ab. Strategie, Konzepte, Zielbilder und Zeitpläne werden oft entworfen, ohne rechtliche Herausforderungen und Effekte hinreichend zu beachten. Dann kann es zu vermeidbaren Verzögerungen oder gar zum Scheitern des Projekts kommen. Vor allem sind stereotype Verhaltensweisen von Betriebsräten und ggf. Gewerkschaften sowie der Belegschaft zu antizipieren. Konzept, Verhandlungs- und Kommunikationsstrategien sollten bereits im Vorfeld stehen. Etwaige Maßnahmen sollten im Idealfall und soweit möglich bis auf die Ebene der einzelnen Position durchdacht und ggf dokumentiert sein. Auch der Grad der Einbeziehung von Mitarbeitervertretungen und Mitarbeitern muss bestimmt werden. Schließlich sind die rechtlichen Kostentreiber realistisch zu bewerten, vor allem Kosten für etwaige Verzögerungen sowie für Abfindungen und flankierende Mittel wie Outplacements und Transfergesellschaften. Unternehmen sollten daher dringend darauf achten, dass Strategieberater und Rechtsanwälte bereits in der Frühphase der Planung regelmäßig ihre Themen eng und hinreichend detailliert miteinander abgleichen.

2.2 Monitoring der Durchführung

Bei der Durchführung ist laufend auf sämtlichen Ebenen die Umsetzung der Strategie zu prüfen. Arbeitsrechtlich zeigt sich jetzt, ob bei der Planung Mitarbeiterthemen hinreichend berücksichtigt wurden. Zu achten ist darauf, dass hinreichend Zeit eingeplant wurde für Verhandlungen mit Betriebsrat und Gewerkschaften, etwaige Rollenänderungen bei verbleibenden Mitarbeitern, Logistik der Ausreichung und des Abschlusses von Aufhebungsvereinbarungen, ggf. Kündigungen und Versetzungen. Auch stellt sich dann die Wirkung entsprechend förderlicher Mittel heraus, wie z. B. von Freiwilligenprogrammen, Sprinterregelungen, Transfergesellschaften, Outplacements, Vorruhestandsmodellen oder Kommunikationstrainings für Vorgesetzte. Schließlich ist man gut beraten gewesen, etwaige alternative Strategien für Störfälle bereits in der Planungsphase vorzubereiten.

2.3 Zielführende Kommunikation

Kommunikation ist komplex. Die unterschiedlichen Kommunikationsfelder sind zu identifizieren und für Planung und Durchführung aufeinander abzustimmen. Was rechtlich geboten ist, mag mit Blick auf Mitarbeiter, Betriebsräte, Politik, Kunden, Markt etc. nicht ganz passen. Hier ist genau abzuwägen, welche Kommunikation, an wen und wann sowie die Anwendung rechtlicher Vorgaben die meisten Vorteile bzw. wenigsten Nachteile bringt. Die Kommunikation sollte freilich an die Strategie angepasst sein, häufig führt sie aber ein gewisses Eigenleben. Nicht selten sickern Informationen zu früh, zu spät oder in falscher Form durch. Kommunikationsstrategie und etwaige Reaktionen müssen klar zu Beginn soweit wie möglich stehen. Richtungswechsel im Projekt sind kommunikativ schwer einzufangen

3. Fazit

3. Fazit

 

Bei Restrukturierungsprozessen sollten sich also Strategieberatung und rechtliche Berater frühzeitig und hinreichend abstimmen, eine umfassende Planung auch in den Facetten erfolgt und die Kommunikation als wichtiger Faktor anerkannt sein.

Über den Autor

Dr. Ralph S. Panzer

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Dr. Ralph S. Panzer ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner im Münchener Büro der internationalen Anwaltskanzlei Bird & Bird. Er berät nationale und internationale Mandanten auf dem gesamten Gebiet des Individual- und Kollektivarbeitsrechts. Die Themen reichen von täglichen arbeitsrechtlichen Fragen, der Überlassung von Fremdpersonal z. B. durch Werkverträge bis hin zu komplexen Projekten wie Restrukturierungen, ggf. deren Koordinierung auf internationaler Ebene, das Aufsetzen von Transfergesellschaften, die Begleitung von Outsourcings und Betriebsübergängen oder Unternehmenskäufe.