Strategische Personalplanung als gemeinsamer Auftrag

Warum es darauf ankommt, dass Geschäftsleitung und HR einen klaren Blick auf die Belegschaft der Zukunft haben

 

Interview mit Frank Vonderlind

In Zeiten rasanter Marktveränderungen, technologischer Fortschritte und zunehmender Krisen steht die Personalplanung vor neuen Herausforderungen. Kurzfristiges Handeln ist oft unabdingbar. Doch welche Rolle spielt die mittelfristige Planung in diesem dynamischen Umfeld? Frank Vonderlind, Senior Consultant bei von Rundstedt, erläutert die Bedeutung strategischer Personalplanung und wie Unternehmen belastbare Antworten für ihre HR-Herausforderungen finden können. Ein essenzieller Einblick für alle Personalverantwortlichen, die sich auf die zukünftigen Anforderungen vorbereiten wollen.

Rundstedt News: In der Wirtschaft und auf dem Arbeitsmarkt ist immens viel in Bewegung: Märkte verändern sich rasant schnell, technische Weiterentwicklungen und Krisen erzeugen bei Unternehmensleitungen und Führungskräften mit Blick auf Personalveränderungen einen enormen Handlungsdruck. Viele sehen sich gezwungen, kurzfristig auf aktuelle Veränderungen zu reagieren. Warum ist es dennoch wichtig mittelfristig zu planen?

Frank Vonderlind: Weil sich (Personal-)Entscheidungen, die heute getroffen werden, immer stärker auf die künftige Lieferfähigkeit, aber auch auf die Umsetzung von neuen Geschäftsstrategien auswirken. Bisher galt die klassische Aufgabenteilung: die Unternehmensleitung entwickelt die Gesamtstrategie für das Unternehmen und HR sorgt für die passende Belegschaft. Dieses Vorgehen stößt immer mehr an seine Grenzen. So führt beispielsweise das Zusammentreffen von demografischen Veränderungen und sich weiter aufbauenden Fachkräftemangel dazu, dass in den nächsten Jahren viele ältere Beschäftigte aus dem Berufsleben ausscheiden und die Rekrutierung neuer Beschäftigter immer schwieriger wird. Gleichzeitig geht erfolgskritisches Erfahrungswissen für die Unternehmen sehr schnell verloren und der Aufbau von Zukunftskompetenzen und -skills kostet viel Zeit und Geld. Daraus kann ein unternehmerisches Gesamtrisiko entstehen, das sich kurzfristig nicht entschärfen, aber durch mittelfristig angelegte Maßnahmen minimieren oder gar ganz vermeiden lässt.

Rundstedt News: Wie kann eine solche mittelfristige Planung aussehen? Bisher erfolgen HR -Planungsprozesse wie Stellen- und Bedarfsplanung oder Talent- & Nachfolgeplanung ja primär kurzfristig und häufig unabhängig voneinander.

Frank Vonderlind: Das ist eine der wichtigen Stellschrauben, an denen es anzusetzen gilt: Denn die die bisherige Planung in 1-Jahres-Zeiträumen springt häufig zu kurz. Die daraus abgeleiteten HR- Maßnahmen zielen nur auf einen Teilaspekt, greifen zum Teil erst zeitversetzt und verlieren insgesamt dadurch in ihrer Wirksamkeit.

Im Gegensatz dazu ermöglicht das Instrument der Strategischen Personalplanung eine Verknüpfung der einzelnen HR-Themen und beantwortet die relevanten HR-Fragen auch aus Geschäftssicht:

  • Wen brauchen wir wann und wo im Zeitverlauf?
  • Welcher Weg ist dafür der beste?
  • Was kostet uns das?

Rundstedt News: Angesichts der großen Unsicherheiten und permanenten Veränderungen, denen sich Unternehmen und Belegschaften aktuell ausgesetzt sehen, klingt das wie der Blick in eine Glaskugel: Wie finden Unternehmen belastbare Antworten auf diese Fragen?

Frank Vonderlind: In dem sie sich regelmäßig aus dem hektischen Tagesgeschäft herauslösen und eine strategische Gesamtperspektive in ihre Planungen integrieren. Geschäftsdynamik und Personaldynamik sind direkt miteinander verknüpft und beeinflussen sich gegenseitig. Wir erleben, dass Personal- und Kompetenzengpässe immer häufiger im operativen Betrieb von Unternehmen durchschlagen, aber eben auch die Entwicklung und Umsetzung neuer Geschäftsideen immer stärker beeinflussen.

  • Welches sind die erfolgskritischen Geschäftsprozesse der Zukunft?
  • Welche Jobfamilien/Mitarbeitenden-Gruppen benötigen wir dafür unbedingt?
  • Welche künftigen Chancen & Risiken können wir in diesen Jobfamilien heute erkennen und steuern?

Strategische Personalplanung ist kein Blick in eine Glaskugel, sondern ermöglicht es, unterschiedliche Zukunftsszenarien zu simulieren. Daraus lassen sich heute die richtigen Weichen für morgen stellen – rechtzeitig, wirksam und nachhaltig. Klar ist aber auch, dass ein gewisser Mut zur Lücke notwendig ist.

 

Rundstedt News: Was bedeutet dieser „Mut zur Lücke“ konkret? Und wie gelingt eine möglichst realistische Szenarienplanung?

Frank Vonderlind: Das hängt stark von der konkreten Fragestellung ab sowie davon, welche Daten über die Mitarbeitenden und die zukünftige Ausrichtung des Unternehmens bereits als Basis vorhanden sind.

Viele Unternehmen wissen häufig noch viel zu wenig darüber, wie sich ihr Personalbestand in den nächsten Jahren allein aufgrund von Verrentungseffekten, Fluktuation und krankheitsbedingten Ausfällen entwickeln wird. Je nach Umfang der verfügbaren HR-Daten und Prognosen sind hier sehr verlässliche Zukunftsaussagen möglich und lassen sich damit verbundene Risiken frühzeitig erkennen. Allein diese Erkenntnisse sind für viele Unternehmen bereits sehr wertvoll.

Stehen das Erkennen und Schließen von künftigen Personal- und Kompetenzlücken im Mittelpunkt der Analyse, sollten neben den unternehmenseigenen Daten und Zukunftsannahmen unbedingt auch externe Datenquellen und Modelle genutzt werden, z.B. von der Bundesagentur für Arbeit und Wirtschaftsforschungsinstituten bzgl. der Entwicklungen von Arbeitsmärkten, Zukunftskompetenzen und weiteren Einflussfaktoren. Diese Datenbasis wird dort fortlaufend aktualisiert und ergänzt die internen Planungsperspektiven. Dennoch bleiben unvorhersehbare Einflüsse und in der Zukunft liegende Entscheidungen, die dann erst mit ihrem Eintreten berücksichtigt werden können.

Daher ist eine direkte Verknüpfung von strategischer und operativer Personalplanung erfolgskritisch sowie ein rollierender Prozess zur Überprüfung und Anpassung der Planungsparameter.

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Die kostenfreie Checkliste „Personalplanung“ fasst alle wichtigen Aspekte zusammen, auf die Sie bei der Planung Ihrer Belegschaft achten müssen. Sie erhalten einen Überblick, über die alle Fragen, die Sie beantworten sollten, um Ihre Personalstruktur zukunftssicher aufzustellen.

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Rundstedt News: Wie kann den eine konkrete Fragestellung aussehen. Und welche Antworten kann strategische Personalplanung hierzu bieten?

Frank Vonderlind: Stellen Sie sich folgende Situation vor: Eine Bank verfolgt das strategische Ziel, ihr komplexeres Firmenkreditgeschäft deutlich auszubauen. Verbunden damit stellt sich die Frage, wie diese Geschäftsausweitung auch im Risikomanagement durch qualifiziertes Personal abgesichert werden kann. Durch Analyse der Personalstruktur, des Kompetenzbedarfs und der Entwicklungswege für dieses Aufgabenfeld kann die Bank erkennen, dass

  • die Gruppe hochspezialisierter Mitarbeitender für diesen Teilbereich des Risiko Managements bisher sehr klein dimensioniert ist.
  • neben einem tiefen fachlichen Qualifikationsprofil vor allem umfassende Marktkenntnisse und langjähriges Erfahrungswissen erfolgskritische Kompetenzen darstellen.
  • bisher ein sehr langer interner Entwicklungsweg besteht, um sich dieses anspruchsvolle Jobprofil anzueignen und
  • das auch dadurch der Altersdurchschnitt dieser Expertinnen und Experten überdurchschnittlich hoch ist.

Diese Analyseergebnisse ermöglichen es, Planungs- und Stressszenarien zur Bestands- und Bedarfsentwicklung in dieser Jobfamilie zu entwickeln. Als konkrete Maßnahmen können in der Folge die Einstiegs- und Entwicklungswege angepasst, neue Retention-Pakete geschnürt und eine gezielte Recruiting-Strategie mit entsprechenden Maßnahmen auf den Weg gebracht werden.

Die Strategische Personalplanung zeigt Unternehmensleitung und HR frühzeitig, Risiken und Optionen für die Umsetzung der Unternehmensstrategie auf und stellt Handlungsoptionen zur Verfügung, um die Umsetzungsfähigkeit sicherzustellen.

Herr Vonderlind, vielen Dank für das Gespräch!

Strategische Personalplanung schafft Transparenz und konkrete Gestaltungsmöglichkeit

Vorteile für Unternehmensleitung und HR

Strategische Personalplanung

  • schafft operative Stabilität und Nachhaltigkeit in der strategischen Ausrichtung
  • sorgt frühzeitig für Transparenz zu Chancen und Risiken in der Belegschaftsentwicklung
  • ermöglicht ein aktives Management und Risiko-Steuerung des Mitarbeitenden-Portfolios, der Kapazitäten, Altersstruktur, Qualifikationen, Transformationskosten
  • bewirkt eine „Planung aus einem Guss“, d.h. die Verzahnung von Geschäfts-, Personal- und Budgetplanung
  • optimiert die Effizienz der Investitionen durch gezielte Weichenstellung und konkrete HR-Maßnahmen
  • führt zu geringen Rüstzeiten und Routinen bei Analyse & Bewertung durch rollierende Planung

Über den Autor

Frank Vonderlind

Senior Consultant

Frank Vonderlind ist auf die Analyse und Anpassung von Geschäfts[1]und Betriebsmodellen spezialisiert und entwickelt gemeinsam mit Unternehmen zukunftsgerichtete HR-Strategien. Er begleitet Kunden bei der Einführung und Nutzung toolgestützter Strategischer Personalplanung und der Umsetzung sowie Steuerung komplexer Reorganisationsprojekte.

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