Die Bestenauswahl als Instrument erfolgreicher Restrukturierungs­maßnahmen

Bei personellen Umstrukturierungen bleibt dem Arbeitgeber wenig Spielraum bezüglich der Auswahl der zu übernehmenden Mitarbeitenden. Eine Ausnahme bildet hier das Instrument der Bestenauswahl. Welche Punkte Projektverantwortliche beim Einsatz dieses Instruments beachten sollten, erklärt Rechtsanwalt Henning Müller, Partner bei der Kanzlei Vangard.

 

Zu den Voraussetzungen der Bestenauswahl

Die Bestenauswahl kann entweder im bestehenden Betrieb durch Reorganisation einer Abteilung oder durch Aufbau eines grundlegend neuen Unternehmens durchgeführt werden. Im Rahmen der Workforce Transformation einer Abteilung werden in einem bestehenden Betrieb neue Arbeitsplätze mit geschärften Stellenprofilen geschaffen und bestehende Arbeitsplätze in der Folge abgebaut.

Der zweite Ansatz baut auf dem „green field-Konzept“ auf und setzt den Aufbau einer völlig neuen Gesellschaft mit überarbeiteter Personalstruktur voraus, welche die Aufgaben der alten Einheit in der Folge übernimmt. Die leere Hülle des neuen Unternehmens wird sodann mit Mitarbeitenden der bisherigen Gesellschaft aufgefüllt, die im Rahmen der Bestenauswahl um die neu ausgerichteten Arbeitsplätze im neuen Unternehmen konkurrieren.

Dabei ist konstituierend, dass die Mitarbeitenden nicht bloß „unter neuer Fahne“ am alten Arbeitsplatz arbeiten, sondern, dass die Arbeitsplätze im neuen Unternehmen grundlegend neu konzipiert sind und die Aufgaben von der bisher praktizierten Tätigkeit des einzelnen Arbeitnehmers im Unternehmen abweichen. Die Nachteile der verbleibenden Arbeitnehmer können im Rahmen beider Konzepte mithilfe der gesetzlichen Mechanismen Interessenausgleich und Sozialplan abgefedert werden. Eine gesetzliche Regelung des Konzepts einer Bestenauswahl gibt es bisher nicht.

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Risiken bei der Bestenauswahl: Informations­rechte des Betriebsrats und Interessen­ausgleich

Mangels gesetzlicher Regelung der Bestenauswahl besteht kein originäres Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats im Rahmen einer solchen Maßnahme. Es gilt jedoch bei der Planung einer neuen Einheit nach dem „green field-Ansatz“ zu berücksichtigen, dass der Betriebsrat nach § 80 Abs. 2 BetrVG rechtzeitig und umfassend vom Arbeitgeber über eine solche Betriebsänderung im Sinne von § 111 Abs. 1 S. 3 BetrVG in der Form einer Betriebsstillegung zu informieren und ein Interessenausgleich zu beraten ist. Eine enge Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat ist also auch bei einer Restrukturierung in der Form der Gestaltung eines neuen Unternehmens empfehlenswert.

Ein Übergangsmandat des Betriebsrats für das neue Unternehmen besteht nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen des § 21a BetrVG. Bei der Bildung neuer Stellenprofile in einem bereits bestehenden Unternehmen und einer Bestenauswahl hinsichtlich dieser Stellen wird ebenso ein Interessenausgleich wegen einer Reorganisation zu verhandeln sein.

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Vermeidung der Rechtsfolgen eines Betriebsübergangs

Fallstrick für eine Bestenauswahl im Rahmen des „green field-Ansatzes“ kann immer auch ein Betriebsübergang nach § 613a BGB sein. Die Einstellung einer überwiegenden Anzahl an Mitarbeitenden des alten Betriebes im neuen Unternehmen vermag einen solchen auszulösen. Dies gilt es zu vermeiden, um den Sinn der Übernahme nur der besten Arbeitnehmenden durch die von einem Betriebsübergang ausgelöste Rechtsfolge des Übergangs aller Arbeitsverhältnisse auf das neue Unternehmen nicht zu gefährden.

Bei der Durchführung einer Bestenauswahl zur Restrukturierung des Personals sind deshalb die rechtzeitige und umfassende Information und Beteiligung des Betriebsrats im Rahmen des Interessenausgleichsverfahrens zu wahren und die Rechtsfolgen eines Betriebsübergangs zu vermeiden. Nur unter diesen Voraussetzungen kann dieses Instrument seine Wirksamkeit entfalten.

Über den Autor

Henning Müller - Gastautor von Rundstedt
Henning Müller

Fachanwalt & Partner

Henning Müller ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner der Kanzlei Altenburg in Hamburg. Altenburg berät Mandanten bei Restrukturierungen, Reorganisationen und Insolvenz im Bereich des Arbeitsrechts.