Langwierigen Kündigungs­schutzprozess vermeiden

Ein Kündigungsschutzprozess kann beim Arbeitgeber hohe Kosten verursachen. Setzen Sie im Trennungsfall deshalb auf eine gütliche Einigung mit betroffenen Mitarbeitenden und vermeiden Sie eine Kündigungsschutzklage vorausschauend. 

Was ist ein Kündigungs­schutzprozess?

In einem Kündigungsschutzprozess wird über die Wirksamkeit einer Kündigung gestritten, wenn ein Arbeitnehmer eine Kündigung als unrechtmäßig einstuft und eine Kündigungsschutzklage einreicht. 

Wenn Verfahren nicht durch einen Vergleich beendet werden, kann der Kündigungsschutzprozess zu einer langwierigen Angelegenheit werden. Je nach Auslastung der Gerichte erster und zweiter Instanz, dauern diese häufig ein bis zwei Jahre. 

Gegen das Urteil erster Instanz kann Berufung vor dem Landesarbeitsgericht eingelegt werden, so dass eine rechtssichere Entscheidung sehr lange auf sich warten lassen kann. Bis dahin haben beide Parteien große Unsicherheit.

Verzugslohn ein hohes Risiko für den Arbeitgeber

Der Arbeitgeber trägt als „teuerstes“ Risiko: das Verzugslohnrisiko. Für den Fall des Unterliegens muss er sämtliche Gehälter, auch diese, die nach Ablauf der Kündigungsfrist auflaufen, nachzahlen – obwohl er keine Arbeitsleistung erhalten hat. Bei einem Gehalt von beispielsweise 5.000 EUR brutto sind dies bei 18 Monaten 90.000 EUR zuzüglich der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung. Für den Fall des Obsiegens des Arbeitnehmers im Prozess ist das Arbeitsverhältnis zudem durch die harten Auseinandersetzungen vor Gericht häufig sehr belastet und das Vertrauensverhältnis weitgehend zerstört. Im Verlaufe des Prozesses kommen negative Aspekte zur Aussprache, die zu Verletzungen führen und so nachhaltig das Arbeitsverhältnis belasten könnten.

Mit dem Urteil vom 27. Mai 2020 hat das Bundesarbeitsgericht die Abwehr drohender Annahmeverzugslohnansprüche erleichtert und damit das Risiko eines Verzugslohns leicht abgeschwächt. Nach Ansicht der Richter stehe Arbeitgebern ein Auskunftsanspruch über Vermittlungsvorschläge der Agentur für Arbeit und des Jobcenters gegenüber dem Mitarbeitenden zu.

Lesen Sie hierzu auch: Annahmeverzugslohn nach Kündigung – Wie Arbeitgeber die Ansprüche abwehren

Der Vergleich: Eine einvernehmliche Entscheidung bei Kündigungs­schutzklagen

Eine vernünftige Auseinandersetzung in der Sache, bevor alle Emotionen hochkochen und viele die Gegenseite belastende Schriftsätze ausgetauscht wurden, entlastet beide Seiten – und berücksichtigt, dass man sich im Leben häufig zwei Mal sieht. Für alle Beteiligten ist es sinnvoll, unter Wahrung gegenseitigen Respekts aus einer Auseinandersetzung herausgehen zu können. 

Die Statistik des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (2014) zeigt, dass von allen vor den Arbeitsgerichten im Urteilsverfahren erster Instanz eingereichten Klagen letztlich ca. 60 Prozent durch Vergleich beendet werden. Mit diesem Wissen ist es sinnvoll, den Kündigungsschutzprozess nicht zu führen, sondern einen Vergleich zu erzielen. Dieser vermeidet, dass verbrannte Erde hinterlassen wird. Und so werden rechtssicher die Risiken für beide Seiten ausgeschlossen und das Arbeitsverhältnis mit einem klaren Schnitt beendet.

Gütliche Einigung statt langwieriger Kündigungs­schutzprozess

Sobald eine Kündigung ausgesprochen ist, muss eine Kündigungsschutzklage allein zur sicheren Wahrung der Drei-Wochen-Frist erhoben werden, ansonsten wird die Kündigung rechtskräftig. Dies führt allerdings nicht dazu, dass auch ein Kündigungsschutzprozess in all seiner Härte geführt werden muss. Man muss auch nicht die Entscheidung einem Dritten, das heißt dem Richter, überlassen, sondern kann sich in der Sache verständigen und eine Lösung vereinbaren. 

Die Einigung kann dann im Rahmen eines schriftlichen Vergleichs (mit den Komponenten eines Aufhebungsvertrages) dem Gericht zugesendet werden. Das Gericht fasst den Vergleich, den sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam überlegt haben, im Beschluss, so dass hier der Wille der Parteien in Form eines vollstreckbaren Titels gefasst ist.

6 gute Gründe für eine einvernehmliche Einigung ohne Kündigungsschutzklage

  • Offene Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage, d.h. Prozessrisiken versus rechtssichere Beendigung
  • Lange Verfahrensdauer bei Kündigungsschutzprozess, egal wer zum Schluss gewinnt
  • Hohes Verzugslohnrisiko auf Arbeitgeberseite
  • Fairer Umgang bei Einigung, keine Polarisierung im Unternehmen
  • Vermeidung schlechter Außendarstellung bei Einigung
  • Geheimhaltungsvereinbarung, die auch die Abfindungshöhe umfasst

Outplacement als Anreiz für eine einvernehmliche Vereinbarung

Neben der Vereinbarung des Beendigungstermins bei Zahlung einer Abfindung, einer möglichen Freistellungsphase, dem sehr guten Zeugnis und vielen weiteren Aspekten, die in Aufhebungsverträgen zu berücksichtigen sind, empfiehlt sich auch die Regelung einer Outplacement-Vereinbarung. 

Eine solche dient als erheblicher Anreiz für den Arbeitnehmer, einer einvernehmlichen Trennung zuzustimmen. Denn die Chance, eine neue adäquate Anschlussbeschäftigung zu finden, wird erfahrungsgemäß durch professionelle Begleitung deutlich erhöht. Gelingt es den Parteien, eine Einigung zu erzielen, in der alle für sie wichtigen Aspekte Niederschlag finden, sind die übrigen Risiken, die über lange Zeit bei einem laufenden Prozess entstehen können, beseitigt. Rechtsfrieden wird geschaffen. Auch sozialversicherungsrechtliche Risiken (Sperrzeit und Kürzung des Arbeitslosengeldes) sind bei einem gerichtlichen Vergleich auf ein absolutes Minimum reduziert.

Über die Autorin

Dr. Bernadette Spreer - Gastautorin von Rundstedt
Dr. Bernadette Spreer

Fachanwältin für Arbeitsrecht und Partnerin

Dr. Bernadette Spreer ist Fachanwältin für Arbeitsrecht und Partnerin der Hümmerich legal Partnerschaft mbB und zugleich Mediatorin. Der Schwerpunkt ihrer anwaltlichen Tätigkeit liegt im Arbeitsrecht, insbesondere im Individualarbeitsrecht. HÜMMERICH legal berät seit über 30 Jahren in den Bereichen Arbeitsrecht, Erbrecht, Familienrecht, Steuerrecht, Verwaltungsrecht und Wirtschaftsrecht.

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