Im Gegensatz zu einer einseitigen Kündigung wird ein Aufhebungsvertrag im Einverständnis zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer geschlossen. Als Arbeitgeber können Sie so Arbeitsverhältnisse mit Mitarbeitenden auflösen, die sonst Kündigungsschutz genießen.
Wissen Sie, was in einen guten Aufhebungsvertrag gehört? Kennen Sie die wichtigen Regelungen für Übergangszeit und Freistellung? Haben Sie alle Rechtsverhältnisse einbezogen und an die Regelung von Wettbewerbsverboten und Geheimhaltung gedacht?
Nutzen Sie die 10 Praxistipps von Boris Blunck, Rechtsanwalt und Counsel bei Allen & Overy LLP, zu den wichtigsten Regelungen, die Ihr Aufhebungsvertrag enthalten sollte.
Tipp 1: Hierzu sollte Ihr Aufhebungsvertrag Regelungen enthalten
- Beendigung des Arbeitsverhältnisses
- Freistellung und Urlaub
- Vergütung (Festgehalt, variable Vergütung, ggf. weitere Bestandteile wie Dienstwagen)
- Abfindung (sofern erforderlich)
- Wettbewerbsverbot und Geheimhaltung
- Rückgabe von Firmeneigentum
- Abgeltung aller Ansprüche
Tipp 2: Beziehen Sie alle Rechtsverhältnisse mit ein!
In Konzernen mit mehreren Gruppenunternehmen werden Mitarbeitende oftmals nicht nur bei Ihrem Vertragsarbeitgeber eingesetzt. Um zu vermeiden, dass sich der ausscheidende Mitarbeitende später auf ein faktisches Arbeitsverhältnis mit einem verbundenen Unternehmen beruft, kann es sich empfehlen, auch verbundene Unternehmen in die Aufhebungsregelung mit einzubeziehen. Eine entsprechende Klausel könnte etwa lauten:
Die Parteien sind sich einig, dass der zwischen ihnen bestehende Anstellungsvertrag vom [Datum des Abschlusses des Arbeitsvertrags] einschließlich aller Änderungen und Ergänzungen sowie jedes etwaige sonstige Dienst- oder Arbeitsverhältnis des Mitarbeiters mit der Gesellschaft oder einem mit der Gesellschaft i.S.v. §§ 15 ff. Aktiengesetz verbundenen Unternehmen mit Ablauf des [Beendigungsdatum] enden werden. Die Gesellschaft handelt insoweit auch namens und in Vollmacht dieser verbundenen Unternehmen.
Falls der betroffene Mitarbeiter besondere Ämter innehatte, die nicht automatisch mit der Aufhebung des Anstellungsvertrags enden, sollte in den Aufhebungsvertrag eine entsprechende Regelung aufgenommen werden. So kann z. B. der Geschäftsführer einer GmbH verpflichtet werden, sein Amt als Organ der Gesellschaft zu einem bestimmten Datum niederzulegen.
Tipp 3: Vorsicht bei der Freistellung!
Es ist weit verbreitet, Mitarbeiter für die Zeit zwischen dem Abschluss des Aufhebungsvertrags und der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freizustellen. Bevor dies „leichtfertig“ im Aufhebungsvertrag vereinbart wird, sollte sich der Arbeitgeber zunächst fragen, ob der Mitarbeiter unter Umständen exklusive Kenntnisse hat (z. B. über den aktuellen Stand eines Projekts), die vor seiner Freistellung an einen Kollegen weiterzugeben sind. Für diesen Fall sollte eine Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Übergabe der Aufgaben des Mitarbeiters aufgenommen werden; die Freistellung sollte dann erst nach dieser Übergabe beginnen.
Widerrufliche oder unwiderrufliche Freistellung?
Wichtig ist zudem die explizite Festlegung, ob es sich um eine widerrufliche oder unwiderrufliche Freistellung handeln soll. Bei der widerruflichen Freistellung hat der Arbeitgeber jederzeit die Möglichkeit, den Mitarbeiter mit einer kurzen Ankündigungsfrist zur Wiederaufnahme der Arbeit aufzufordern. Allerdings ist die vielfach gewünschte Anrechnung von noch nicht genutzten Urlaubstagen auf die Dauer der Freistellung nur bei einer unwiderruflichen Freistellung zulässig. Der Arbeitgeber muss sich also entscheiden, ob ihm die Flexibilität beim Arbeitseinsatz oder die Vermeidung von Urlaubsabgeltungsansprüchen am Ende des Arbeitsverhältnisses wichtiger ist.
Tipp 4: Regeln Sie die variable Vergütung
Sehr häufig erhalten Mitarbeitende neben ihrem Festgehalt auch eine variable Vergütung, deren Höhe z. B. von der Erreichung bestimmter persönlicher und an das Unternehmensergebnis geknüpfter Ziele abhängt. Der Bemessungszeitraum für den Grad der Zielerreichung ist in aller Regel das gesamte Geschäftsjahr des Unternehmens. Scheidet nun ein Mitarbeiter während des laufenden Geschäftsjahrs aus, wird der Umgang mit der variablen Vergütung in vielen Fällen zum Zankapfel.
Im Aufhebungsvertrag sollten daher möglichst eindeutige Regelungen zum Umgang mit der variablen Vergütung für das laufende Geschäftsjahr getroffen werden. So kann z. B. eine Zahlung zur Abgeltung aller Ansprüche auf variable Vergütung für das Ausscheidejahr aufgenommen werden, deren Höhe sich zunächst an den in den letzten Jahren gezahlten Boni und/oder der voraussichtlichen Geschäftsentwicklung orientiert. Dieser Betrag wäre dann entsprechend der Verweildauer des Mitarbeiters in dem jeweiligen Geschäftsjahr zu kürzen. Für die Kürzung kann auf das rechtliche Beendigungsdatum oder das Ende der aktiven Mitarbeit (Beginn der Freistellungsphase) abgestellt werden.
Tipp 5: Sparen Sie Geld durch vorzeitiges Ausscheiden!
Geht die Initiative zum Abschluss des Aufhebungsvertrags vom Arbeitgeber aus, wird dieser ein Interesse daran haben, das Arbeitsverhältnis mit dem Mitarbeiter möglichst schnell und idealerweise unter Abkürzung der geltenden Kündigungsfrist zu beenden. Der betroffene Mitarbeiter wird hingegen oft verlangen, den Beendigungszeitpunkt möglichst weit nach hinten zu verschieben, um sich aus einem laufenden Arbeitsverhältnis heraus ohne allzu großen Zeitdruck nach einer neuen Beschäftigung umsehen zu können.
In dieser Situation sollte der Aufhebungsvertrag für den Mitarbeiter die Möglichkeit vorsehen, auch vor dem vereinbarten Beendigungsdatum durch einseitige Erklärung kurzfristig aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden und sich so einer neuen Tätigkeit widmen zu können, ohne hierüber in Verhandlungen mit dem alten Arbeitgeber eintreten zu müssen. Um den Mitarbeiter zur Jobsuche zu motivieren, sollte ihm ein bestimmter Anteil (z. B. 50 %) der bis zum eigentlichen Beendigungsdatum ausstehenden Gehälter als Einmalzahlung angeboten werden. Eine entsprechende Klausel könnte z. B. wie folgt lauten:
Der Mitarbeiter kann das Anstellungsverhältnis auch vor dem Beendigungsdatum mit einer Ankündigungsfrist von zwei Wochen zum Ende eines Kalendermonats beenden. Eine entsprechende Erklärung hat der Mitarbeiter in Textform gegenüber der Geschäftsführung der Gesellschaft abzugeben. Im Falle einer solchen vorzeitigen Beendigung gilt das vorzeitige Beendigungsdatum als Beendigungsdatum im Sinne dieser Vereinbarung. Außerdem erhöht sich die Abfindung um [50]% der Grundgehälter, die der Mitarbeiter zwischen dem vorzeitigen Beendigungsdatum und dem [ursprüngliches Beendigungsdatum] erhalten hätte.
Der Arbeitgeber kann hier nur gewinnen: Macht der Mitarbeiter von der Möglichkeit des vorzeitigen Ausscheidens keinen Gebrauch, bleibt es bei den von vorherein einkalkulierten Kosten für die Beschäftigung bis zum ursprünglichen Beendigungsdatum. Kommt es hingegen zu einer vorzeitigen Beendigung, wird nur ein Bruchteil der noch ausstehenden Gehaltszahlungen fällig. Selbst wenn man sich auf eine vollständige Auszahlung der Restgehälter einigt, würde der Arbeitgeber aufgrund der Behandlung dieser Zahlung als Abfindung die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung sparen und stünde so im Ergebnis finanziell besser da als ohne vorzeitige Beendigung.
Tipp 6: Bieten Sie Outplacement-Beratung an!
Ein immer beliebter werdender Bestandteil des Aufhebungsvertrags ist die Unterstützung des ausscheidenden Mitarbeiters bei der Suche nach einer neuen Beschäftigung (Outplacement). Insbesondere langgediente Mitarbeitende, die sich seit vielen Jahren nicht mehr auf dem Arbeitsmarkt bewegt haben, nehmen derartige Angebote des Arbeitgebers gerne an. Darüber hinaus wird eine Vermittlungshilfe als positives Signal an die Belegschaft wahrgenommen.
Üblicherweise bedient sich der Arbeitgeber hierzu einer professionellen Outplacement-Agentur. Das angebotene Leistungsspektrum reicht vom einfachen Bewerbungstraining bis hin zu einer umfassenden Analyse der Fähigkeiten des einzelnen Mitarbeiters, der Optimierung seiner Selbstvermarktung und der Erstellung einer individuellen Vermittlungsstrategie.
Aus Sicht des Arbeitgebers empfiehlt es sich, im Aufhebungsvertrag ein konkretes Budget für die Outplacement-Beratung festzulegen oder sich sogar direkt auf einen bestimmten Anbieter und ein bestimmtes Beratungs-Modul zu einigen.
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Tipp 7: Klären Sie Zeugnisinhalt und Kommunikation!
Um nachträgliche Streitereien zu vermeiden, sollten bereits im Aufhebungsvertrag die Eckpunkte für das Zeugnis des Mitarbeiters festgelegt werden. Möglich (und bei emotional aufgeladenen Fällen angezeigt) ist es auch, bereits den kompletten Zeugnistext als Anlage zum Aufhebungsvertrag zu vereinbaren. Ist dies nicht gewollt oder aus Zeitgründen nicht möglich, akzeptieren Mitarbeiter und deren Rechtsbeistände häufig die folgende Formulierung:
Die Gesellschaft wird dem Mitarbeiter ein auf das Beendigungsdatum datiertes Zeugnis ausstellen, das sich auf Führung und Leistung erstreckt. Das Zeugnis hat dem beruflichen Fortkommen des Mitarbeiters förderlich zu sein und in den einzelnen Bewertungsteilen sowie der Gesamtbewertung eine [sehr gute] Beurteilung zu enthalten. Das Zeugnis wird die üblichen Dankes-, Schluss- und Bedauernsformeln enthalten.
Bei Aufhebungsverträgen mit Führungskräften sollte zudem eine gemeinsame Kommunikation hinsichtlich des Ausscheidens vereinbart werden, um Reputationsschäden für das Unternehmen und den Mitarbeiter zu vermeiden. Dies kann z. B. durch abgestimmte externe und interne Mitteilungen geschehen, die als Anlage zum Aufhebungsvertrag aufgenommen werden.
Tipp 8: Denken Sie an Wettbewerbsverbote und Geheimhaltung
Falls mit dem Mitarbeiter ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart wurde, sollte dessen Schicksal in dem Aufhebungsvertrag geregelt werden. Wird keine von der ursprünglichen Vereinbarung abweichende Regelung getroffen, beginnt das nachvertragliche Wettbewerbsverbot mit Ablauf des im Aufhebungsvertrag festgelegten Beendigungsdatums, und der Arbeitgeber bleibt für die Dauer des Wettbewerbsverbots zur Zahlung der Karenzentschädigung verpflichtet. Wenn dies – wie häufig – nicht gewollt ist, muss das nachvertragliche Wettbewerbsverbot ausdrücklich aufgehoben werden.
Weisen Sie Ihren Mitarbeiter durch eine entsprechende Bestimmung im Aufhebungsvertrag nochmals auf seine Geheimhaltungspflichten hin, die in der Regel bereits im Anstellungsvertrag enthalten sind und sich auch auf die Zeit nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erstrecken. Außerdem sollte der Mitarbeiter verpflichtet werden, über den Inhalt und die Umstände des Zustandekommens des Aufhebungsvertrags selbst strenges Stillschweigen zu bewahren. Andernfalls besteht (insbesondere bei aus bestimmten Gründen gezahlten hohen Abfindungen) die Gefahr, dass bei nachfolgend ausscheidenden Kollegen Begehrlichkeiten geweckt werden. Um der Verpflichtung Nachdruck zu verleihen, kann die Aufnahme einer Vertragsstrafe erwogen werden.
Tipp 9: Sorgen Sie für die rechtssichere Erledigung aller Ansprüche!
Schließlich sollte sichergestellt werden, dass – soweit rechtlich zulässig – außer denen im Aufhebungsvertrag geregelten Fragen keine gegenseitigen Ansprüche der Parteien mehr bestehen. Daher ist eine ordnungsgemäße Erledigungsklausel Pflichtbestandteil eines jeden Aufhebungsvertrags. Um spätere Diskussionen über die Reichweite und eine etwaige Unwirksamkeit der Klausel zu vermeiden, muss sie sorgfältig formuliert werden. Denkbar wäre etwa folgende Variante:
"Mit dieser Vereinbarung möchten die Parteien ihre gesamten Rechtsbeziehungen abschließend regeln. Sie sind sich darüber einig, dass mit Ausnahme der in dieser Vereinbarung genannten Ansprüche wechselseitig aus und im Zusammenhang mit dem Anstellungsverhältnis sowie anlässlich der Beendigung des Anstellungsverhältnisses keine weiteren wechselseitigen Ansprüche mehr bestehen, gleich aus welchem Rechtsgrund, ob bekannt oder unbekannt und unabhängig vom Zeitpunkt des Entstehens. Hiervon ausgenommen sind etwaige unverfallbare Ansprüche des Mitarbeiters auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, Mindestentgeltansprüche und Ansprüche der Parteien aus unerlaubter Handlung."
Tipp 10: Beachten Sie die Formalitäten!
Der wirksame Abschluss eines Aufhebungsvertrags erfordert gemäß § 623 BGB Schriftform, d.h. die originale Unterschrift beider Parteien. Für den Arbeitgeber ist es daher entscheidend, ein vom Mitarbeiter im Original unterzeichnetes Exemplar des Aufhebungsvertrags zu erhalten. Telefaxschreiben, Email-Anhänge oder einscannte Unterschriften reichen nicht aus.
Von dem Schriftformerfordernis zu unterscheiden ist die Frage, wer den Arbeitgeber wirksam vertreten kann. Auf jeden Fall sind dies die gesetzlich zur Vertretung berufenen Organe einer Gesellschaft, etwa der Geschäftsführer gegenüber dem Arbeitnehmer einer GmbH. Es ist jedoch stets zu prüfen, ob ein Organmitglied einzelvertretungsberechtigt ist oder ggf. nur gemeinsam mit einem weiteren Vertreter (Co-Geschäftsführer oder Prokurist) handeln kann. Soll ein Aufhebungsvertrag mit einem Organmitglied selbst abgeschlossen werden, verlagert sich die Zuständigkeit auf eine andere Ebene (GmbH: Gesellschafterversammlung oder Aufsichtsrat; Aktiengesellschaft: Aufsichtsrat).
Wird der Aufhebungsvertrag seitens des Arbeitgebers von einer nicht vertretungsberechtigten Person unterschrieben, kann dieser Mangel durch Genehmigung des an sich Vertretungsberechtigten rückwirkend behoben werden (§ 184 BGB). Erkennt der Mitarbeiter jedoch den Mangel nach Abschluss des Aufhebungsvertrags, kann er den Vertrag bis zur Genehmigung widerrufen (§ 178 BGB). Zur Vermeidung dieser Rechtsunsicherheiten sollte daher im Vorfeld des Vertragsschlusses sorgfältig geprüft werden, wer für den Arbeitgeber zur Unterzeichnung berechtigt ist und wann diese Person(en) verfügbar ist bzw. sind.
Über den Autor
Rechtsanwalt & Partner
Boris Blunck ist Rechtsanwalt und Partner bei der Noerr Partnerschaftsgesellschaft mbB.