Strategische Personaltransformation statt rein kostengetriebene Personalrestrukturierung

Die deutsche Volkswirtschaft befindet sich in der größten Transformation seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Die Industriebranchen sind davon besonders betroffen und bewegen sich in einem Spannungsfeld von langfristig hohen Energiekosten, schwächelnden Absatzmärkten in Nordamerika und China, stark zunehmenden Wettbewerbsdruck durch chinesische Importe in Deutschland sowie in einer schwierigen Gemengelage aus steigenden Personalkosten und Fachkräftemangel für Zukunftstechnologien.

Im Gegensatz zu den prägenden Erfahrungen mit der Finanz- und der Corona-Krise handelt es sich aktuell nicht um eine konjunkturelle Rezession, sondern um einen länger andauernden Umbauprozess, dessen Dauer und Erfolgsaussichten auch für erfahrene Ökonomen schwer zu prognostizieren sind.

Aufgrund des stark gestiegenen Drucks auf Margen und Betriebsergebnisse schwenken aktuell zahlreiche Konzerne und mittelständische Unternehmen auf einen radikalen Sparkurs ein. Dazu gehören auch Personalabbaumaßnahmen, deren Umfang und Geschwindigkeit je nach Branche und Unternehmensgröße stark variieren und daher nicht pauschal bewertet werden sollten.

Aktionismus vermeiden

So verständlich Kostensenkungsprogramme sind, umso mehr gilt es, kurzfristigen Aktionismus zu vermeiden und die längerfristigen Konsequenzen in der personalwirtschaftlichen Restrukturierung zu bedenken. Daher ist es für HR-Entscheider wichtig, sich trotz des Wunsches des Top-Managements nach schnellen Erfolgszahlen für Investoren und Gesellschafter die Zeit und das Budget zu nehmen, eine strategische Personaltransformation zu planen, die optimal mit der Business Transformation interagieren kann.

In der Vergangenheit schien die Lösung einfach: Die Lage auf dem Arbeitsmarkt war aus Sicht der Arbeitgeber immer gut, so dass in der Aufschwungphase Fach- und Arbeitskräfte relativ leicht rekrutiert werden konnten. Wurde umgekehrt ein Teil der Belegschaft nicht mehr benötigt, trennte man sich. Diese Situation wird sich durch Demografie und Digitalisierung 2.0 drastisch verändern. Deren Folgen können unter anderem durch Strategische Personalplanung bereits heute zumindest in groben Zügen antizipiert werden. Gerade in der Industrie werden die meisten Unternehmen, ob Konzern oder Mittelstand, eine tiefgreifende Business Transformation bewältigen müssen, da die bisherigen Kostensenkungsprogramme in der konjunkturellen Krise nicht mehr greifen. Dabei werden die Geschäftsmodelle radikal neu ausgerichtet, so dass sich dadurch auch das dafür benötigte Personal in seiner Anzahl, Struktur und Qualifikation deutlich verändern wird.

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Mit den richtigen Instrumenten die Weichen für die Zukunft stellen

Die meisten HR-Verantwortlichen werden sich mit der Gleichzeitigkeit von personeller Unter- und Überdeckung in ihrem Unternehmen auseinandersetzen müssen. Wer heute in Strategische Personalplanung und Skill-Analysen investiert, kann zumindest die größten Ungleichgewichte abfedern und einen internen Personalumbau realisieren, der den Umfang des Personalabbaus minimiert und Personalengpässe in dringend benötigten Jobprofilen reduziert. Allerdings sollten sich die beteiligten Stakeholder - Top-Management, HR-Entscheider, Betriebsräte und Gewerkschaften - nicht der Illusion hingeben, dass dies ein Nullsummenspiel wird.

Der Strukturwandel in der Grundstoffindustrie, der Energieerzeugung, der Automobilindustrie und weiterer Industriebranchen wird zu einem dauerhaften Verlust von Arbeitsplätzen führen, der nur zum Teil durch die Demografie abgefedert wird. Deshalb gilt es bereits heute in den Unternehmen die Weichen zu stellen, um die Beschäftigten durch Orientierung und Qualifizierung in Zukunftsbranchen wie Grüne Technologien, Industrie 4.0, Pharma und Medizintechnik sowie wissensbasierte Dienstleistungen zu transferieren.

Statt allein auf umfangreiche Abfindungsangebote, großzügige Vorruhestandspakete oder betriebsbedingte Kündigungen mit erheblichen rechtlichen Risiken und möglichen Imageschäden zu setzen, handeln Unternehmen vorausschauend und nachhaltig, wenn sie zunächst das doppelte Potenzial ihrer Beschäftigten für interne und externe Perspektiven bewerten. Eine Strategische Personalplanung gibt Antworten auf die Frage, welche Kompetenzen in der Organisation im Zuge der Business Transformation benötigt werden. Sind diese Zukunftskompetenzen in enger Zusammenarbeit mit den Fachbereichen und externen Spezialisten definiert, gilt es Transparenz über die aktuellen Skills, Kompetenzlücken sowie Up- und Reskilling-Potenziale der Belegschaft für berufliche Chancen im heutigen Unternehmen oder bei potenziellen Arbeitgebern in der Heimatregion herzustellen

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Je nach Unternehmensgröße und Branche stehen bereits heute unterschiedliche Instrumente für die strategische Personaltransformation zur Verfügung. Großunternehmen können dabei auf innovative Konzepte wie die Transformationseinheit zurückgreifen, die Beschäftigte für neue Perspektiven im Unternehmen oder auf dem externen Arbeitsmarkt gewinnt. Für mittelständische Unternehmen im Strukturwandel, wie zum Beispiel die Automobilzulieferer, bieten sich unternehmensübergreifende Personaldrehscheiben an, die in enger Kooperation von der regionalen Agentur für Arbeit und Experten für Workforce Transformation umgesetzt werden.

Wir haben jetzt die Wahl zwischen einem verharrenden Pessimismus, der das Vergangene noch über einige Jahre zu retten versucht, oder einem anpackenden Optimismus, der dazu beiträgt, die Zukunft erfolgreich zu gestalten und schwierige Phasen durchzustehen.

Über den Autor

Christian Summa

Geschäftsführer & Partner

Christian Summa ist Geschäftsführer und Partner bei von Rundstedt. In seiner Rolle als Chief Transformation Officer leitet er bundesweit die Kundenbetreuung in Restrukturierungen sowie Personalumbau- und -abbauprojekten. Seit 2004 hat der diplomierte Betriebswirt als Partner und in verschiedenen Vertriebspositionen bei von Rundstedt die Beratungslösungen entscheidend weiterentwickelt, zuletzt als Director Workforce Transformation.  Seit 2020 teilt er sich die Geschäftsführung der Tochtergesellschaft Rundstedt Transfer GmbH mit Sophia von Rundstedt. Vor seinem Einstieg bei von Rundstedt war er in den Branchen Luft- und Raumfahrt sowie Automotive tätig.