Outplacement vs. Cash Option

„Ich kaufe mir einen neuen Job“ – oder nicht?

 

„Der Arbeitsmarkt ist super“, sagen viele Personalleiter und lassen darum Mitarbeitern, von denen sie sich trennen müssen, die Wahl: Entweder sie nehmen eine Outplacement-Beratung in Anspruch oder sie lassen sich stattdessen das Beraterhonorar auszahlen – die sogenannte „Cash Option“. Das ist gut gemeint, aber nicht gut gemacht. Denn: Mit Geld kann man sich keinen neuen Job kaufen. Und viele Mitarbeiter, die zuerst „Cash“ wählen, landen nach einigen Monaten doch in der Karriereberatung.

Höhere Abfindung statt Outplacement

Outplacement ist seit vielen Jahren fester Bestandteil des HR-Instrumenten-Mix von Organisationen, die den Anspruch haben, sich fair und wertschätzend von Mitarbeitern zu trennen. Und das unabhängig davon, ob es sich um einen Einzelfall oder eine große Restrukturierung handelt. 

Seit einiger Zeit erlebe ich viele Personalverantwortliche, die ihren von Trennung betroffenen Mitarbeitern eine „Kapitalisierungsmöglichkeit“ – die „Cash Option“ – anbieten. Verzichtet der Mitarbeiter auf die Outplacement-Beratung, erhöht das Unternehmen seine Abfindung um die Summe, die für das Beratungshonorar angefallen wäre. 

Im Gespräch begründen Personalleiter dies mit diesem Satz: „Der Arbeitsmarkt ist doch super.“ Das stimmt! In vielen Berufen herrscht ein Kandidatenmarkt. Viele Bewerber können sich vor Angeboten nicht retten. Aber umgekehrt stimmt auch: Das trifft bei weitem nicht auf alle Berufsprofile und Altersklassen zu.

„WAT DE BUER NICH KENNT, DAT FRÏÄT'T HÄ NICH.“

Aus meiner Sicht ist die „Cash Option“ keine echte Alternative. Vereinfacht dargestellt lautet das Dilemma: Geld oder Beratung? Viele Mitarbeiter entscheiden sich dann für die höhere Abfindung. Das ist naheliegend, schließlich haben sie vorher noch nie etwas von Outplacement gehört. Frei nach dem Motto „Wat de Buer nich kennt, dat frïät't hä nich“. Und Geld kann man doch immer gut gebrauchen.

Genau so oft wie mit Personalleitern spreche ich mit Menschen, die Monate nach der Entscheidung für „Cash“ merken, dass die Jobsuche weitaus komplizierter ist als gedacht. Sie suchen auf eigene Faust nach Unterstützung und bezahlen schließlich die Outplacement-Beratung aus ihrer erhaltenen Abfindung. 

Erst Cash, dann Outplacement – besser nicht!

Denken Sie jetzt „Der Mitarbeiter hat ja nichts verloren...“? Unsere Erfahrungen sind andere! Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit hat der Mitarbeiter seine besten Netzwerkkontakte bereits angesprochen und sich schon auf die interessantesten Vakanzen beworben. Erfolglos. Im schlimmsten Fall sind wichtige Kontakte „verbrannt“ und eine zweite Chance bekommt man als Bewerber beim Wunsch-Arbeitgeber selten.
 

Den neuen richtigen Job zu finden, ist auch für hochqualifizierte Personen nicht trivial.


Darüber hinaus hat der Mitarbeiter wertvolle Wochen oder gar Monate verloren, die er für die zielgerichtete Jobsuche – mit professioneller Unterstützung – hätte nutzen können. Eine erfolgreiche Vermittlung ist weiterhin möglich, jedoch deutlich schwerer. 

Übrigens: Bucht ein Mitarbeiter später die Beratung aus eigener Tasche, wird es teuer. Denn der Privatzahler muss – anders als Unternehmen – zusätzlich die Mehrwertsteuer zahlen. In Kombination mit der Abfindungssumme, die ebenfalls versteuert wurde, ist das doppelt schmerzhaft.

Drei Säulen des Trennungsmanagements

Bei von Rundstedt sind wir der Auffassung, dass zu einem fairen und wertschätzenden Trennungsmanagement drei Aspekte gehören, die nicht miteinander substituierbar sind. Wir sprechen hier auch von den drei Säulen der Trennung: Geld, Zeit, Perspektive.

  • Mit Geld ist die Abfindung gemeint. Mit einer attraktiven Abfindungshöhe können Arbeitgeber die eine oder andere Verhandlungsrunde mit dem Arbeitnehmer bzw. dessen Rechtsanwalt einsparen.
  • Die Säule Zeit ist die Kündigungsfrist. Hier empfehlen wir auch eine sofortige oder sehr zeitnahe Freistellung. So haben betroffene Mitarbeiter ausreichend Zeit, um die Situation und den Schock zu verarbeiten und sich ganz auf die Suche nach einem neuen Job zu fokussieren.  
  • Perspektive ist die dritte Säule. Sie umfasst jegliche professionelle Unterstützung, die betroffene Mitarbeiter dabei hilft, nach der Trennung eine neue berufliche Perspektive zu finden. Typischerweise sind dies eine Festanstellung oder der Weg in die Selbstständigkeit. Beispielhaft für diese Art der Unterstützung ist die Outplacement-Beratung.

Natürlich benötigt längst nicht jeder betroffene Mitarbeiter eine Outplacement-Beratung. Das sind jene Arbeitnehmer, die ihr berufliches Ziel genau kennen, die wissen, wie man eine eindrucksvolle Bewerbung verfasst und wie man sich in einem Vorstellungsgespräch optimal und authentisch präsentiert. Und jene Arbeitnehmer, die bereits einen neuen Job in der Tasche haben. Jetzt stellen Sie sich die Frage: Auf wie viele Ihrer Kollegen bzw. Mitarbeiter trifft diese Beschreibung zu?

Lesetipp:

Die Trennungskultur ist in vielen Unternehmen noch immer ausbaufähig – mit Folgen: Viele Betroffene fallen in einer Trennungssituation ins Bodenlose, ein Kündigungsschutzprozess droht, Unruhe in der Belegschaft kommt auf, schlechte Bewertungen auf Kununu und Co häufen sich und schaden der Arbeitgeber-Reputation.

Was Sie konkret dagegen tun können, lesen Sie in unserem Fachartikel "Trennungskultur verbessern: von Feedbackgespräch bis Outplacement".

Gut gemeint ist nicht gleich gut gemacht.

Unternehmen, die ihren Mitarbeitenden die Möglichkeit eröffnen, sich professionell durch eine Outplacement-Beratung unterstützen zu lassen, gefährden durch die Cash-Option den sehr wertschätzenden und sozialverträglichen Hintergrund des Angebots. Denn eines ist klar: Mit einer höheren Abfindung kann man sich den nächsten Job nicht kaufen.

Die Cash-Option ist ein Kompromiss, den Unternehmen oftmals eingehen, um Mitarbeitern entgegenzukommen. Das Unternehmen hat sich zwar Gedanken über einen sozialverträglichen Umgang gemacht, ist aber in vielen Fällen nicht konsequent genug.

Offenheit fördern statt falscher Anreize

Gerade in großen Restrukturierungen erleben wir bei von Rundstedt, dass die berufliche Neuorientierung dann gut funktioniert, wenn sich die betroffenen Mitarbeiter nicht zwischen Geld oder Beratung entscheiden mussten. Sondern stattdessen zwischen „Beratung“ oder „keine Beratung“. Denn so entstehen keine falschen Anreize und die Offenheit gegenüber der unbekannten Dienstleistung Outplacement ist größer.

Fazit: Eine Option, aber keine echte Alternative

Zusätzliches Geld klingt oft verlockend – aber mit einer höheren Abfindung kann man sich nicht einfach einen neuen Job kaufen. Die Cash-Option ist darum – wie der Name es schon sagt – eine Option, jedoch keine echte Alternative für Betroffene. Insbesondere für jene Arbeitnehmer mit längerer Betriebszugehörigkeit, Menschen mit wenig Kenntnissen über den aktuellen Arbeitsmarkt, Führungskräfte mit anspruchsvollen Rahmenbedingungen oder Menschen, die einen Tätigkeits- oder Branchenwechsel im Auge haben. 

Wer die drei Säulen der fairen und wertschätzenden Trennung beachtet und konsequent umsetzt, erweist den betroffenen Mitarbeitern und der eigenen Organisation einen hohen Dienst.

Über den Autor

Attila Khan

Director Senior Relations

Attila Khan ist Director Senior Relations bei The Boardroom. Er kennt die Herausforderungen des Personalmanagements aus seiner Tätigkeit im Human Resources Bereich eines bayerischen Automobilkonzerns. Seit 2012 berät er das Management und HR-Verantwortliche von Unternehmen zu personalstrategischen Themen wie Restrukturierung, Redeployment und Change Management.